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Von Steuern, Zehnten
und sonstigen Lasten der Haaner Bevölkerung

Bauern  
Bauern überbringen
dem Grundherrn den Zins.
Augsburgischer Holzschnitt, 1475

Erfindungsreich waren die Vertreter der Staatsmacht schon immer, wenn sie das arbeitende Volk zur Kasse bitten wollten. Wachsender Finanzbedarf, aus welchen Gründen auch immer, beflügelt die Kreativität. In der Folge wuchs und wucherte auch die Komplexität der Umverteilungsmechanismen. Was früher wenige Steuereintreiber, Rentmeister oder Scheffen erledigt haben, beschäftigt heute ganze Völkerscharen in Finanzverwaltung und Steuerberatung, Forschung und Lehre, Banken und Versicherungen und in jedem anderen Gewerbe bis hin zur "Ich-AG".

Zwar muss der Steuerpflichtige seine Abgaben heute nicht mehr persönlich beim Landesherrn abliefern, aber das Ausfüllen der Steuererklärung kann ähnlich unerfreulich sein. Und welches Finanzamt würde sich mit zwei Hühnern und einem Malter Roggen zufrieden geben?

Friedhelm Stöcker spannt mit seinem 1993 verfassten Bericht den steuerlichen Bogen vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jh. hinein. Er gewährt dabei interessante Einblicke in alte Steuer-Dokumente seines Hofes Elp und anderer Höfe in Haan.


Von Steuern, Zehnten, Zöllen und sonstigen Lasten,
welche die Einwohner unseres Gebietes aufbringen mußten

von Friedhelm Stöcker

Begriffserklärungen und Vorbemerkungen

Steuern sind Abgaben, die ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen zur Deckung öffentlicher Ausgaben als Leistung für die Allgemeinheit erhebt. Steuern erheben Bund, Land, Gemeinden und Kirchen.
-   Direkte Steuern sind z.B. Einkommen-, Vermögen-, Grund-, Erbschafts-, Gewerbesteuern.
-   Indirekte Steuern sind Verbrauchssteuern wie z.B. Alkohol- und Tabaksteuer.

Gebühren werden erhoben als Entgelt für öffentlich-rechtliche Dienste, z.B. vom Gericht, von der Bauverwaltung usw.

Beiträge sind Abgaben, die nur bestimmte, an einer Einrichtung beteiligte Personenkreise zur Kostendeckung zu entrichten haben [...].

Zölle sind Abgaben für Handelsgüter an der Landesgrenze bei der Einfuhr und bei der Ausfuhr, im Mittelalter auch bei der Durchfuhr kleinerer Länder und Fürstentümer.

Zehnte, lat. Decima, ist eine wiederkehrende Abgabe eines bestimmten Bruchteils - meist 1/10 - aller oder bestimmter auf einem Gründstück gewonnener Früchte. Er wird seit dem 6. Jh. von der Kirche auf Grund der mosaischen Gesetze beansprucht, ist späterhin des öfteren auch an weltliche Herrenhäuser gegen Geld verkauft oder auch nur belehnt worden.


  Aus den mosaischen Gesetzen
  1. "Alle Zehnten im Lande von Samen des Landes und von Früchten der Bäume sind des Herrn und sollen dem Herrn heilig sein.
  2. Will aber jemand seinen Zehnten lösen, der soll den Fünften darübergeben.
  3. Und alle Zehnten von Rindern und Schafen, von allem, was unter dem Hirtenstabe geht, das ist ein Heiliger Zehnt dem Herrn."
[Altes Testament, 3. Mose 27, 30-32]

Des weiteren gab es eine Reihe anderer Abgaben und Lasten: Wegegelder, Brückengeld, Vogtgeld, Herrenfuhren, Hand- und Spanndienste zu den verschiedensten Gelegenheiten, Jagddienste, Mühlengelder, Marktgelder, Schlachtgelder und vieles mehr. Eine besonders schwere Last waren die kriegsbedingten Abgaben und Leistungen, Kosten der Einquartierung und Reparationen (Kriegsentschädigungen).

Steuern sind keine Erfindung des Mittelalters oder der Neuzeit. Schon im Altertum errichteten und finanzierten Babylonier, Assyrer, Ägypter, Griechen und Römer ihre großen Staatsgebilde neben Beuten aus Eroberungskriegen durch Steuern, Abgaben und Dienstleistungen. Alle Herrscher benötigten zum Ausbau und Erhalt ihrer Macht Geld, viel Geld. Heute ist es nicht anders.

Mit Beginn der Christianisierung im 5.-10. Jh. beanspruchte auch die Kirche mit ihren Besitztümern und Klöstern neben den Landesfürsten Land und Erträgnisse aus dem Land, meist in Form des Zehnten. Seit dem 11. Jh. beanspruchen in Deutschland die Bischöfe auf Grund des ihnen erteilten Universal-Zehntrechtes alle noch nicht vergebenen Zehntrechte, vor allem für Neurodungen. [NB. 4 S. 98]



Steuerrechte für den Tafelhof Hilden-Haan

Die Steuerrechte für den Tafelhof Hilden-Haan lagen beim Erzbischof von Köln. Diese Rechte wurden im Jahre 1176 an den Grafen von Berg verpfändet, um dem Kaiser Geld für seine Kreuzzüge beschaffen zu können. Bei Rückzahlung des Geldes sollte das Steuerrecht wieder an den Erzbischof zurückgehen. Dies geschah jedoch später nur teilweise und führte zu erheblichem Streit über die Zuständigkeiten, wer wo Steuern erheben durfte.

Unter dieser Situation hatte besonders die Haaner Bevölkerung über Jahrhunderte hinweg sehr zu leiden. Ein Schiedsspruch in diesem Streit im Jahre 1326 brachte auch keine Einigung. [Hildener Jahrbuch 37/38 S. 24]   Mit Hilfe der Weistümer von 1386 und 1443 sollte versucht werden, durch genaue Festlegung der jeweiligen Rechte Streitigkeiten zu vermeiden. Dies hinderte die Parteien jedoch nicht daran, das Recht nach eigenem Gutdünken auszulegen. Vor allem traf dies für die Vogtherren des Grafen von Berg zu.

  Weistum = Rechtssätze und -gewohnheiten, die aus der Überlieferung ermittelt und zusammengestellt werden.



Steuerveranlagung

Bevor ich auf die Steuer- und Abgabenlisten eingehe, möchte ich zitieren, was H. Strangmeier zur Steuerveranlagung in Hilden und Haan geschrieben hat [NB 4 S. 11-13 Bevölkerungsgeschichtliche und siedlungskundliche Quellen von Hilden und Umgebung]:

"In den beiden Jahrhunderten von 1600 bis 1800 wurde der staatliche Finanzbedarf des Bergischen Landes zum größten Teil aus den Erträgnissen der Grundsteuer bestritten. Doch war die Belastung der Untertanen nicht nur nach Maßgabe der unterschiedlichen Größe des Grundbesitzes verschieden, sondern sie hing auch davon ab, ob der einzelne einer bevorrechtigten Gesellschaftsschicht angehörte oder nicht: die Rittersitze waren steuerfrei; der übrige Adel, die Geistlichkeit und die Inhaber sog. ' freier Güter' trugen nur ein Geringes zum Gesamtsteueraufkommen bei, die Hauptlast lag auf den Schultern der Bauern, der Pächter und Gewerbetreibenden.

Die Pächter steuerfreien oder steuerbegünstigten Grundbesitzes wurden auch zur Steuer herangezogen, unterlagen jedoch einem geringeren Anschlag, der zwischen 12 und 50% des Normalsatzes schwankte, im allgemeinen aber etwa den vierten Teil des Normalsatzes betrug; er wurde zum Unterschied von der ordentlichen Grundsteuer als 'Gewinn und Gewerb' bezeichnet, ebenso wie die Veranlagung der Gewerbetreibenden oder der sonstigen Pflichtigen ohne Grundbesitz.

Diese Hauptsteuer des Landes wurde nicht - wie es heute geschieht - im Rahmen des Staatshaushalts jährlich in ziemlich gleichbleibenden Größen veranschlagt, veranlagt und erhoben, sondern beim Eintreten eines besonderen Bedürfnisses mit den Ständen (der Ritterschaft und den Städten) hinsichtlich der Höhe ihres Sollbetrages ausgehandelt und dann nach der sog. Landesmatrikel, in der die Quoten der Ämter, Städte und Freiheiten in ihrem Verhältnis zu einem mit 1000 angenommenen Soll (Tausendfuß) verzeichnet waren, auf die Unterbezirke umgelegt.

Die Kirchspiele Hilden und Haan wurden seit dem Jahre 1557 in der Steuermatrikel des Bergischen Landes selbständig angeschlagen, hatten also mit dem Quotenansatz des Amtes Solingen, dem sie sonst verwaltungsmäßig unterstanden, nichts zu tun. Bei dem Veranlagungsgeschäft (Repartition), das für die beiden Kirchspiele gemeinsam in Hilden durchgeführt wurde, wirkten jedoch der Amtmann und der Richter des Amtes Solingen mit; örtliche Organe der Veranlagung waren der Schultheiß, der Gerichtsschreiber und die Scheffen; mitunter wurden auch die Honschaftsvorsteher und einige Meistbeerbte zugezogen.

  Über die Honschaften (Solingen)

Es wurde dabei so vorgegangen, daß man zunächst das sog. Directorium repartitionis (d.h. die Steuerbedarfsrolle) aufstellte: einen Nachweis über die Gesamtsumme des örtlichen Aufbringungssolls, das sich aus der Summierung des vom Lande ausgeschriebenen Steuerbetrages, der sonst auftretenden lokalen Finanzbedürfnisse und der durch das Veranlagungsgeschäft entstehenden örtlichen Unkosten ergab. Diesem vorbereitenden Arbeitsvorgang folgte die eigentliche Repartition, die Umlage des Aufbringungssolls auf die Steuerpflichtigen.

Man bediente sich dabei des sog. Hundertzettels, der die Namen sämtlicher Steuerpflichtigen mit ihrem prozentualen Anteil am gesamten Aufbringungssoll enthielt. Der Steuerempfang geschah durch den Richter und Gerichtsschreiber unter Mitwirkung des Landboten."

Basis für Steuererhebungen waren die Flächengrößen der Höfe, Basis für den Zehnten die Ernteerträge. Da diese jedoch von Jahr zu Jahr erheblich schwankten, wurden gewisse Normen zur Veranlagung festgesetzt. Diese richteten sich im wesentlichen nach der Bodenqualität und damit nach der durchschnittlichen Ertragserwartung. Da die leichteren Böden in Hilden geringere Erträge brachten als die etwas besseren Felder in Haan, war auch das Abgabesoll entsprechend:

-   In Hilden mußten 1 1/4 - 1 3/8 Malter Roggen je Morgen abgegeben werden,
-   in Haan 1 1/2 Malter,
-   bei Hafer betrug das Hildener Abgabesoll 1 1/2 Malter,
-   das Haaner 1 3/4 Malter [Schneider S. 86].

Ein weiteres Veranlagungsmaß war die Größe der Höfe. Danach war z.B. auch die Kurmede bemessen. Die Kurmede ist die Abgabe, die jeder Hof beim Tode des Hofesinhabers an den Landesherrn zu leisten hatte. Je nach Größe des Hofes betrug die Kurmede 2 Pferde, 1 Pferd, 2 Kühe, 1 Kuh, Schafe, Gänse, Butter oder auch nur Eier. [Schneider S. 87-89].

Die Steuern und Abgaben wurden jeweils nach den Erfordernissen vom Gemeindevorsteher zusammen mit den Schöffen festgelegt. Sie wurden nach dem Hundertzettel aufgeteilt. Der Hundertzettel besagt, was jeder Hof zu zahlen hat, wenn 100 Taler aufgebracht werden müssen. Dieser Zettel wurde nach gewissen größeren Zeitabständen aktualisiert, berichtigt und fortgeschrieben. In die jeweiligen Steuerbeträge wurden auch die verschiedenen Dienstleistungen eingerechnet, die für die Gemeinde erbracht worden waren, ebenso die Aufwendungen der Vorsteher, Gemeindediener und Landboten.

Die Steuern, vielfach auch Schatz und in früherer Zeit auch Bede genannt, wurden meist an drei Terminen im Jahr erhoben. Es gab
-   die Steuer zu Lichtmeß (2. Februar),
-   die Maischatz am 1. Mai und
-   die Herbstschatz zu Andreas (30. November).

Des weiteren waren die Vogtabgaben zu entrichten. Der Vogt als Beauftragter des Landesherrn hatte für Schutz und Ordnung zu sorgen und erhielt dafür als Entgelt den Vogthafer und die Andreas-Hühner, d.i. ein Huhn je Haus zu Andreas. Zudem hatte die Bevölkerung immer wieder durch hohe Kriegslasten besonders zu leiden.

Harro Vollmar bewertet die steuerliche Belastung der Bevölkerung im späten Mittelalter so: "Als Fazit kann man sagen, es gab eine Reihe von Steuern und Abgaben, die zwar unangenehm waren, so wie es auch heute unsere Steuerzahlungen an Finanzamt und Gemeinden sind, die jedoch abgesehen von den Kriegslasten meist wirtschaftlich vertretbar und auch meist nicht unerträglich waren und nur selten den Wert von 15% der Produktion überstiegen." [Vollmar, Haan und Gruiten, S. 420-421]

  Andere Quellen berichten von Not und Armut unter den Bauern, insbesondere dann, wenn Missernten, Viehsterben und Kriege den Ertrag mindern, die Höhe einiger Abgaben jedoch unvermindert bestehen bleibt. Inwieweit dies für das Haaner Gebiet zutrifft und ob es auch hier - wie anderswo - Bauernunruhen aus sozialer Not gegeben hat, ist mir nicht bekannt.



Steuerlisten, Kriegskosten und Zehntabgaben

Die erste mir bekannte Liste abgabepflichtiger Höfe unseres Gebietes ist das "Heberegister des Stiftes Gerresheim 1218-31", das Lacomblet in seinem "Archiv für die Geschichte des Niederrheins" wiedergegeben hat. Darin sind eine Reihe Haaner und Gruitener Höfe aufgeführt. Dort ist auch zum ersten Mal unser Hof Elp erwähnt. "Rabbodo de elpe triginto denarios et unum" lautet diese Eintragung, d.h. der Rabbodo von der Elp mußte 31 Denar Steuern zahlen. Desgleichen ist unsere Elp im Zinsregister des Stiftes Kaiserswerth vom Jahre 1387 erwähnt, danach mußte die "Gerdrud in der Elp" zu Andreas (30.11.) 15 Denar und zu Servatius (13.5.) ebensoviel an Steuern zahlen. [N.B.7 S.31]

Nach einer Abgabenliste aus dem 14. Jh. hatten die Höfe unseres Gebietes jährlich zu Martini (11. November) an den Hof Schlickum in der Honschaft Millrath Abgaben zu leisten, in Geld (Denar, Schilling oder anderen Münzen) oder auch in Gestalt von Hühnern. Vielfach mußte ein Hof auch beides liefern. Aus Haan und Gruiten sind die Höfe Krieckhausen, Düsselberg, Braken, Gruiten und zur Linden genannt.

Steuer- oder Abgabenlisten aus dieser Zeit sind sehr rar. Mir sind z.B. keine Zehntlisten dieses Zeitraumes bekannt, obwohl der Zehnt gezahlt werden mußte.

Lt. einer Urkunde vom 24. Juni 1427 schenken die Eheleute Wilhelm von Ulenbroich und Grete von Lüttelnau (Lüttelau) dem Kloster Gräfrath den ihnen zustehenden Zehnten von mehreren Haaner Höfen. Dafür mußte das Kloster Gräfrath für alle Zeiten jährlich Seelenmessen für die Verstorbenen der Geschlechter Ulenbroich und Lüttelau abhalten. Auf diese Weise erhielt das Kloster Gräfrath die Zehntrechte der Haaner Höfe Kaisersbusch, Stöcken, zum Dorn, oberste Heide, unterste Heide, Steinweg (Steinfeld), Pütt, Legweg, Windhövel, Krümde. Diese äußerst interessante Urkunde liegt im Staatsarchiv Düsseldorf; sie ist abgedruckt in N.B.7 S. 129f.

Bei meinen Nachforschungen im Staatsarchiv über Zehntlisten des Klosters Gräfrath erlebte ich eine herbe Enttäuschung. Weil auch unser Hof dorthin zehntpflichtig war (die Ablösung erfolgte durch unsere Familie 1841), wollte ich die dort liegenden Zehntlisten einsehen. Dies war jedoch nicht möglich, da die Urkundenbücher durch unsachgemäße Lagerung und Auslagerung im Krieg so zusammengebacken sind, daß sie erst durch vorsichtige Restauration nutzbar gemacht werden können. Ein Teil der Gräfrather Akten wurde leider im Krieg vernichtet. Es gibt jedoch aus dieser Zeit Rottzehntlisten, auf die ich später noch zurückkomme.

 
Gräfrath 1837
 
Gräfrath 1837.
Landschaft mit Klosterkirche und Zeughaus.
Ölgemälde von
Friedrich August de Leuw.
 

Um 1475 bemühten sich mehrere Bewohner der mittleren und oberen Honschaft Haan erfolglos, von der Schatz- und Steuerzahlung ihrer im Osterholz liegenden Holzungen befreit zu werden. Diese Holzungen unterstanden der Steuerhoheit des Grafen von Berg, während die Haaner Honschaften kurkölnisch waren. Hans zu Obgruiten, Tilmann zu Holthausen, Jacob zu Obgruiten, Hans Boll und Friedrich zu Krutscheid versuchten, durch ein größeres Geschenk an den Landdrost von der Steuer befreit zu werden, was jedoch nicht gelang. [N.B.11 S. 570 f]

  Alte Ortsbezeichnungen in Haan und Gruiten (Haaner Honschaften)
  Alte Häuser und Höfe in Haan

Aus dem Jahr 1503 existieren Listen über das, was jeder Hof in Hilden und Haan dem Haus Horst (Hilden) jährlich schuldig war. Haus Horst war der zuständige Fronhof. Diese Listen wurden für verschiedene Abgaben erstellt: für Erbrenten, Lehenszinsen, Vogthafer, für den Hühnerzins und für den Fahrzins. Es ist interessant zu sehen, wie viele Haaner Höfe hier im Jahr 1503 schon genannt werden. So enthält z.B. die Hühnerzinsliste 56 Höfe der 3 Haaner Honschaften. Sie ist ein aufschlußreiches Dokument der Haaner Hofesgeschichte. [N.B.15 S. 112 ff]

Aus dem Jahre 1530 gibt es das "Lager- und Erbrentboich (-buch) deßen Lehenheren des Hauß Horst in beider Kirspelen Hilden und Haan", das sogenannte "Horster Urbar von 1530" [N.B.35 S. 1-54]. Darin sind u.a. 36 Kurmudsgüter in der mittleren und unteren Honschaft in Haan verzeichnet, die Lehenszins zu Andreas bzw. Lichtmeß zu zahlen hatten. Vogthafer wurde von 29 Höfen verlangt, der Hühnerzins von 55 Höfen, letzterer erfaßt auch die Höfe der obersten Honschaft. Diese Abgaben mußten am "Hohen Hof zu Haan" an den "ehrenvesten frommen Wilhelm Quaedt, Erbschenk des Lantz von Berg, Drost zu Altena, und Lisabet von Plettenbergh, seiner selig Haußfrawen" zu "Sent Andries Tag" (St. Andreas = 30. November) und Lichtmeß (2. Februar) gezahlt und geliefert werden. Sie waren in der Höhe unterschiedlich und hingen wohl von der Größe der Höfe und Kotten ab.

Daß man sich von diesen jährlichen Steuern und Abgaben freikaufen konnte, besagt eine Urkunde aus dem Jahre 1537. Sie betrifft den Hof Kneteisen in der mittleren Honschaft im Kirchspiel Haan. Danach bekunden Wilhelm Quade, Erbschenk des Landes vom Berge und seine Ehefrau Elisabeth von Plettenberg, daß Gotthart Knediser sich und seine Kinder durch eine Ablösungssumme von 120 Goldgulden von der Zahlung einer jährlichen Rente (= Steuer) in Höhe von 6 Goldgulden, die den Eheleuten Quade aus dem Hof Knediser zustanden, befreit habe. [Hildener Jahrbuch 56-59 S. 47]

Aus dem Jahre 1566 gibt es im Staatsarchiv Düsseldorf eine Urkunde über die Entrichtung des Sackzehnten in der obersten Honschaft im Kirchspiel Haan an Joyst van Eyckel. Dieser Zehnte wurde im 15. Jh. von den Herren von Elverfeld erhoben. Um 1500 heiratete die einzige Tochter des Lehnsherren Gerhard von Elverfeld, Agnes, den Dietrich von Eickel, Herr zum Krange. So gelangte die Familie von Eickel in den Besitz der Zehntrechte der obersten Honschaft.

1566 werden nun vor Richter und Schöffen bei einem Anhörungstermin mit den Zehntpflichtigen die jetzt zum Teil veränderten Zehntleistungen festgelegt und in einer Gerichtsurkunde festgehalten. Darin sind 21 Solsteden (Sole = abgabepflichtiger Hof oder Hofesteil) aufgeführt, und zwar immer nur Vornamen plus Hofesnamen. Es wurde dabei auch eine Veränderung des Ablieferungszeitraumes vermerkt. Der bisherige Termin zwischen Martini (11. Nov.) und Weihnachten wurde auf den Tag nach dem Dreikönigsfest (Epiphanias) verlegt. Die Summe dieser 21 Sackzehnten betrug 50 1/2 Malter und 1 Sumber Hafer für die oberste Honschaft.

  Die alten Maße und Gewichte

Im Archiv der katholischen Kirche Erkrath fand ich Aufzeichnungen über Zehntlieferungen von Höfen der Honschaft Ellscheid in den Jahren 1572-1577. Darin sind u.a. die Höfe Krieckhausen, Kamphausen, Elp und Höfgen genannt. Es sind die einzelnen Abliefermengen an Roggen, Weizen, Gerste und Hafer in Malter aufgeführt.

 
 
2002
Erkrath,
katholische Kirche
 


Rottzehntlisten 16.-17. Jh.

Über die Zehntlieferungen des Kirchspiels Haan im Jahre 1602 ist in den agrargeschichtlichen Quellen von Hilden und Haan [N.B.36 S. 126] Folgendes vermerkt:

In Haan gibt es 463 1/4 Morgen Zehntland und dazu 17 1/2 Morgen Rottzehntland. Da 1/3 des Landes jährlich Brache war, wurde je 1/3 mit Roggen und Hafer gezehntet, d.h. jeweils 154 Morgen.

Bei einem Ertrag von 1 1/2 Malter Roggen je Morgen und 1 Malter 3 Sumber Hafer ergibt sich die Gesamtsumme von 231 Malter Roggen und 269 Malter Hafer (davon 1/10 = 23 Malter Roggen, der mit 4 Talern je Malter gezahlt wird und 26 Malter Hafer, der mit 2 Talern gerechnet wird. So ergibt sich für Haan eine Gesamtsumme für den Zehnten von 344 Talern pro Jahr.

Aus dieser Zeit sind auch eine Reihe von Rottzehntlisten vorhanden. Was ist der Rottzehnte? Viele Höfe nutzten die Möglichkeit, Busch, Heide oder Brachland in der Nähe des Hofes zu roden und zu kultivieren. Dieses meist dem Landesherren oder dem Klerus gehörende Land war nicht automatisch der bestehenden Zehntpflicht des jeweiligen Zehntherrn unterworfen, sondern wurde als ein gesondert ermittelter Rottzehnte bei der Hofkammer des Herzogtums erfaßt.

Dieser Rottzehnte bestand zunächst meist aus nicht zu hohen Naturallieferungen, vor allem Hafer, da diese Frucht auf dem frisch gerodeten Land wohl am besten wuchs. Er wurde aber auch schon mit geringen Geldzahlungen abgegolten. Der Rottzehnte ist schon um das Jahr 1000 erwähnt. Schon damals und auch in den folgenden Jahrhunderten stritt sich der Klerus mit dem Herzog darüber, wer das Anrecht darauf hatte. Mir sind hier in unserem Gebiet Rottzehntlisten vom 16. bis zum 19. Jh. bekannt, z.B. von 1545, 1569 und 1606.

Der in bergischem Besitz befindliche Rottzehnte war im Jahr 1569 in Hilden und Haan gering; er betrug nur 16 Morgen, 1606 etwa 25-30 Morgen. Im Kirchspiel Wald waren dagegen 71 Morgen gerodet. In der Rottzehntliste von 1545 sind im Kirchspiel Gruiten 16 Pflichtige mit insgesamt 42 1/4 Morgen und in der Honschaft Obgruiten 4 Höfe mit 11 3/4 Morgen aufgeführt. [N.B.4 S. 98  ff]



Steuerlisten 17. Jh.

Vollständige Steuerlisten von Haan gibt es - soweit mir bekannt ist - erst mit der Liste von 1611-1614. Darin sind jedoch nur die Höfe der mittleren und unteren Honschaft verzeichnet. Daß die oberste Honschaft fehlt, deutet auf den andauernden Streit zwischen dem Herzogtum Berg und Kurköln hin. Dies fand ich auch in Urkunden im Archiv Thienhaus aus den Jahren 1595-1603 bestätigt, in denen es um den Streit zwischen der obersten Honschaft mit den beiden anderen Honschaften um Steuern und Dienstleistungen ging.

In der Steuerliste 1611-1614 sind 46 Steuerpflichtige der mittleren Honschaft und 51 in der unteren Honschaft mit unterschiedlichen Beiträgen aufgezeichnet, die insgesamt die Summe von 136 1/4 Talern cöllnisch = 94 Reichstaler 35 Albus aufbringen mußten.

In einer Steuerliste der Honschaft Ellscheid vom 20. Dezember 1631 sind bei insgesamt 30 Höfen erstmalig auch die 3 Höfe in der Elp genannt. All diese Steuer- und Abgabenlisten geben wertvolle Aufschlüsse über siedlungs- und familiengeschichtliche Entwicklungen in unseren Honschaften. Jedoch sind familiäre Abfolgen nur schwerlich daraus zu erkennen, da meist nur der Vorname in Verbindung mit dem Hof genannt wird, manchmal auch der Beruf oder auch der Witwenstand.

  Die Namen der in solchen Listen aufgeführten Personen waren früher noch an den Hofnamen gebunden und wechselten, wenn jemand durch Erbe, Kauf oder Heirat Besitzer eines anderen Hofes wurde. Vererbbare Familiennamen waren bei Bauern z.B. im Hildener Raum bis weit ins 17. Jh. hinein noch selten.

Eine sehr genaue Steueraufteilung liegt aus dem Jahr 1642 vor. 36 Steuerpflichtige der oberen Honschaft, 48 der mittleren und 52 der unteren - also insgesamt 136 in den 3 Haaner Honschaften - erbringen ein Steueraufkommen von 56 Talern 7 Blamüser. Hilden und Haan zusammen erbringen 149 Taler und 11 Blamüser. Von diesem Betrag wurden aber nur 15 Reichstaler 35 Albus 10 Heller letztendlich abgeführt, weil davon für die Richter, Amtsleute, Schultheißen, Scheffen, Gerichtsschreiber, Diener und Landboten genau aufgeführte Entgelte bezahlt wurden. [...]

Eine weitere Steuerliste aus dem Jahr 1653, an deren Erstellung u.a. die Haaner Scheffen Göddert Holthausen und Peter Schmachtenberg und die Meistbeerbten Jacob Hinum, Conrad Bolthausen, Tilmann Deus und Wilhelm Bachtenkirchen mitwirkten, erbringt von 125 Haaner Bürgern einen Steuerertrag von 224 Reichstalern 28 Albus, insgesamt mit Hilden 500 Reichstaler 60 Albus, also wesentlich mehr als im Jahr 1642.

Weitere ausführliche Steuerlisten aus den Jahren um 1640-50 und 1695 sind im Solinger Stadtarchiv vorhanden, wobei in der von 1695 wieder nur die mittlere und untere Honschaft aufgeführt sind - ein Zeichen der andauernden Differenzen zwischen dem Herzogtum Berg und Kurköln um die Rechte an der oberen Honschaft.

Im Solinger Stadtarchiv sind weitere interessante Steuerunterlagen zu finden, so z.B. ein Matricul (Verteilungsplan) des Fürstentums Berg vom Jahre 1698 über 1.000 Reichstaler. Darin sind 24 Ämter, 10 Städte und 8 Freiheiten aufgeführt, auf die diese 1.000 Taler aufgeteilt sind [...]. Dabei kommt "Hilden und Hahn" sehr gut weg. Sie müssen nur 6 Taler 47 Albus 2 Heller aufbringen, während z.B. das Unteramt Mettmann - ohne die Freiheit Mettmann und das Oberamt - allein 81 Taler 40 Albus 4 Heller zur Gesamtsumme beisteuern mußte. Gruiten und Ellscheid gehörten zu diesem Unteramt. Zur Verteilung der Gelder gibt es in diesen Unterlagen eigene "Steur Repartitionstabellen" (Umrechnungstabellen) für die einzelnen Ämter und Honschaften.



Steuerlisten 18. Jh.

Aus dem 18. Jh. sind mir aus den hiesigen Archiven mehr Listen über Kriegskontributionen und Folgelasten bekannt als reine Steuerlisten. Auf diese werde ich noch zurückkommen.

Zuvor möchte ich auf eine Aufforderung des churfürstlichen Steuer- und Kriegskommissariats in Düsseldorf an Vorsteher und Scheffen zu Hilden und Haan aus dem Jahre 1715 hinweisen. Danach wird gegen eine Strafandrohung von 10 Goldgulden eine neue, genaue, nach den Verhältnissen berichtigte Spezifizierung der Steuerlisten innerhalb von 4 Wochen angefordert. [Archiv Thienhaus]

Weiterhin ist über eine außergewöhnlich detaillierte Steuerliste für Hilden und Haan von 1724/25 zu berichten. Diese wurde von H. Strangmeier für Hilden veröffentlicht. Der Haaner Teil wurde von ihm zur Veröffentlichung vorbereitet, aber wegen Verärgerung über das Verhalten der Stadt Haan (mangelnde Unterstützung?) wieder gestrichen. Diese Liste ist im Original [HStAD Jülich-Berg IV Nr. 403] leider nicht vollständig und z.T. stark beschädigt; einzelne Blätter sind herausgerissen. In der oberen Haaner Honschaft fehlen 20 Steuerpflichtige ganz, bei 13 sind die Angaben nur teilweise erhalten. In der mittleren Honschaft fehlen 9 Angaben.

Diese Liste ist dennoch ein wertvolles Dokument für die Haaner Heimat- und Familienforschung, denn darin sind nicht nur die Namen und Wohnstätten, sondern auch Berufe angegeben. Des weiteren ist die genaue Flächengröße der einzelnen Höfe sowie die Nutzungsverteilung in Acker, Wiese und Wald aufgeschrieben, desgleichen auch der zu zahlende Steuerbetrag. Zu jeder Honschaft gibt es eine Zusammenfassung, die der Scheffe J. Krieckhausen jeweils unterschrieben hat. Zum Schluß sind die Angaben der einzelnen Honschaften des Haaner Kirchspiels nach Größe und Nutzungsart zusammengefaßt. Danach betrug die gesamte Nutzfläche 2 454 1/2 Morgen 1 1/2 Viertelmorgen 67 Ruten. Davon waren 1 732 Morgen Acker, 157 Morgen Wiese (Banden), 439 Morgen Wald (Busch), 115 Morgen für Haus, Hof und Garten und 9 Morgen für Teich (Weier). Eine Zusammenfassung der Steuerbeträge ist nicht aufgezeichnet.

A. Schneider schreibt in seiner "Geschichte von Hilden und Haan" [S. 92], daß beide Gemeinden im Jahre 1696 1 200 Rtl. Landessteuer aufbringen mußten, im Jahre 1736 jedoch 2 028 Rtl., welche sich durch die örtlichen Gehälter und Spesen auf 2 652 Rtl. erhöhten. Von dem gemeinsamen Jahresbetrag der beiden Kirchspiele hatte Hilden 7/12 und Haan 5/12 aufzubringen.

Die Aufstellung der Steuerlisten und der Empfang der Steuern waren Obliegenheiten der Scheffen und Vorsteher, welche dann das Geld durch Deputierte dem herzoglichen Pfennigmeister in Düsseldorf überbrachten. Für die Steuereinziehung und die damit verbundenen Auslagen und Umstände standen ihnen 3% bzw. 2% der einzuziehenden Beträge zu. Die Kosten der Ablieferung wurden noch zusätzlich berechnet. Lomberg schreibt [S. 72], daß sich die Staatsabgaben durch die Gehälter der Gerichts- und Polizeibeamten um etwa 1/4 erhöhten. Neben diesen mußten noch zusätzlich Gemeindesteuern und verschiedene Abgaben an die Kirchen geleistet werden. - Auch damals mußte also eine ganze Anzahl verschiedener Steuern entrichtet werden.

 
Düsseldorf
 


Steuerungerechtigkeit 1745: Ungebührliche Auflagen

Aus dem Jahr 1745 gibt es einen weiteren Bericht über außergewöhnliche Steuern. Die z.T. beschädigte Urkunde beginnt so:

"Untertänigste wiederh... Supplication und Bitt... Anlage unserer Hofs- und Lehensleuthe zu Hilden und Hahn. Die neuerlich aufgedrungene Consumtions- und Capitationssteuer (Verbrauchs- und Kopfsteuer), auch Veränderung der Maaß und Gewichts betreffend, präsentiert den 27ten Augusto 1745". [Archiv Thienhaus]

Darin geht es um die Beschwerde über neuerlich zusätzlich erhobene Steuern durch die Behörden des Herzogtums Berg in Düsseldorf und über erneut geforderte Berichte über Mehlvorräte bei den Mühlen.

Die Hof- und Lehensleute erklären sich selbstverständlich bereit, alle überkommenen Steuern und Abgaben zu entrichten, "dahingegen aber, dafern denen Herzoglichen Consumptions- und Capitations-Edicten in genannten Kirspelen Raum und Platz gegeben würde, alle jetzt vermeldete uralte Gerechtsame auf einmal Gewalt leiden, ... indessen aber die getreuen Hofs- und Lehensleuthe allerorten in Last und ohnaufbringlichen Geldt-Beytrag ersitzen bleiben werden".

Sie bitten um der Gerechtigkeit willen, sie mit den anderen "Bergischen Leuten" gleichzustellen und die neuen Auflagen nicht zu erheben.

Es war also wieder einmal mehr der Versuch der Doppelbesteuerung für Hilden-Haan im Streit mit Kurköln. Dazu forderte in einer vorherigen Urkunde das Erzstift Köln die Scheffen von Hilden und Haan auf, gegen die erneuten Abgaben und die Angabe der Mehlvorräte Einspruch zu erheben und sich auf ihre Gerechtsame bezüglich ihres Eides auf den Grundherren (das Erzstift Köln) zu berufen. Ein entsprechendes Schreiben sei auch nach Düsseldorf abgesandt worden zur Weiterleitung nach Mannheim, an den Sitz des Kurfürsten zu Pfalz und Herzogs zu Berg.

In einem weiteren, sehr ausführlich gehaltenen Schreiben der Hof- und Lehensleute von Hilden und Haan an die churpfälzische Behörde wird auf Einzelheiten eingegangen. Es werden Rechte und Pflichten aufgeführt und auf das Weistum von 1386 hingewiesen. Ebenso ist darin gesagt, daß das Recht über Gewicht und Maaß von Backen und Brauen dem Gericht zu Hilden und Haan (erzbischöflich) zugeordnet sei und nicht den Herren von Elverfeld als Statthalter seiner churfürstlichen Durchlaucht zu Pfalz zusteht. Es ist eine Absage, daß man dem neuen Erlaß nicht folgen werde und darum eine Bestrafung und neue Tätlichkeiten befürchte. Sie bitten zum Schluß erneut um Abwendung der neuen unberechtigten Abgaben.

Im September desselben Jahres fordert das Erzstift die Scheffen von Hilden und Haan auf, zu berichten, ob die churpfälzische Regierung die ungebührlichen Auflagen abgestellt habe. Ob dies tatsächlich geschehen ist, geht aus den Unterlagen nicht mehr hervor.

 

 
Carl Theodor, Kurfürst von der Pfalz,
Herzog von Jülich-Berg,
seit 1777 auch Kurfürst von Bayern,
regierte 1742-1799 im Bergischen Land.
 


Kriegslasten 17.-19. Jh.

Neben den verschiedenen steuerlichen Lasten hatte die Bevölkerung sehr unter den verschiedenen Kriegen und deren Folgen zu leiden. Sie erlitt nicht nur materielle und körperliche Schäden, sondern wurde darüber hinaus sehr oft auch zu erheblichen Geldzahlungen (Contributionen) gezwungen. Diese wurden in den Honschaften nach dem Hundertzettel umgelegt.

Die älteste mir bekannte Kriegskostenliste stammt aus dem 30jährigen Krieg bzw. aus dem Jahr 1639. Damals mußten die 3 Haaner Honschaften (135 Namen = Haushalte) 400 Reichstaler aufbringen.

Für die Raubzüge Ludwig XIV. 1688-89 hatte das Herzogtum Berg 100 000 Taler Contributionszahlungen zu leisten.

Vom 2. November 1697 gibt es ein "Verzeichnis, was uns die hessigen Compagnien in Elscheit gekostet haben". Dazu existiert eine genaue Aufstellung, wie die einzelnen Höfe der Honschaft Ellscheid belastet waren. Insgesamt waren es 101 Reichstaler.

Urkunden über Contributionen aus dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14), unter dem unser Land erheblich gelitten hat, fand ich in hiesigen Privatarchiven nicht, dafür aber um so mehr aus dem Österreichischen Erbfolgekrieg (1741-48). Diese betreffen zumeist die Honschaft Ellscheid. Haan war gewiß ebenso betroffen, nur fehlen mir darüber urkundliche Belege.

1741 mußte z.B. unsere Honschaft Ellscheid 70 Rtlr 75 1/2 alb an Kriegskosten aufbringen, wovon nach dem Hundertzettel 3 Rtl 86 alb 8 H(eller) auf unseren Hof kamen. 1743 waren erneut 95 Rtlr 36 alb 6 H zu zahlen.

Der schlimmste Contributionsfall dieser Zeit ist der vom Februar 1745, bei dem die kleine Honschaft Ellscheid für die "Königlich Ungarischen Kriegsvölker" 786 Rtlr 30 alb 8 H zahlen mußte. Da man diese Summe insgesamt nicht beibringen konnte, mußte ein Teil dazu geliehen werden. Dieser konnte erst im Laufe von Jahren abgetragen werden.

Eine weitere "Steuer- und Kriegslastenliste" von 1746 weist einen Betrag von 843 Rtlr 23 alb aus. Die Zahlungen werden wegen ihrer Höhe nicht wie sonst auf einmal gefordert, sondern in vierteljährlichen Raten. Aber auch das war noch ungeheuer viel, wenn man bedenkt, daß ein Pferd 10-12 Rtlr, eine Kuh 8-10 Rtlr kostete.

Interessant ist auch, daß zu dieser Zeit abgeschlossene Pachtverträge besondere Abmachungen betreffs eventuell anfallender Kriegskosten enthielten. So heißt es z.B. in einem Vertrag von 1744: "... müssen Pächter Einquartierung wie auch Durchzüge, so zu Last aufs Gut kommen, gänzlich abführen (bezahlen), was aber an Heu und Habern muß hierzu getan werden, wolle Verpächter zukommen lassen (ersetzen)". In einem Vertrag von 1750 heißt es: "... muß Halbbäuer (Halbpächter) die Soldaten halten wann Durchzüge kommen und über 24 Stunden liegen bleiben".

1747 und 1750 gibt es neue Kriegskostenlisten. Eine Urkunde vom 11. Mai 1758 berichtet über erhebliche Contributionen der Kirchspiele Hilden und Haan, die sowohl für die Königlich Großbritannische Armee als auch für die Königlich Preußische Armee aufgebracht werden mußten. Dabei erhielt jede der beiden Armeen 1 171 Taler. Dies war nun im 7jährigen Krieg. Weitere Belastungen waren nach dem Einfall der ungezügelten Truppen der Französischen Revolution von 1789, vor allem 1795 und auch danach zu ertragen. Die Beträge sind in den hiesigen Privatarchiven nicht erfaßt. Sie hatten aber vor allem materielle Einbußen zur Folge. Das gleiche gilt für die napoleonische Zeit 1806-13 und auch für Leistungen an die russischen und preußischen Truppen 1813-15.



Ein Steuerdekret von 1805

Nun zurück zu den steuerlichen Belangen. Im Haupt-Staatsarchiv Düsseldorf [Jülich-Berg IV 245] fand ich ein gedrucktes Dekret des "Maximilian Joseph Herzog in Ober- und Niederbayern, der oberen Pfalz, Franken und Berg etc. etc. des heiligen Römischen Reichs Erzpfalzgraf, Erztruchseß und Churfürst" vom 10. Mai 1805. Es ging darin um die Ausschreibung der Steuer für das Jahr 1805.

Zur Bestreitung der Landesbedürfnisse haben die Landstände (bestehend aus Räten, Ritterschaft und Hauptstädten) eine Steuerumlage festgesetzt, die für das Amt Mettmann, zu dem auch Ellscheid und Gruiten gehörten, 21 607 Reichstaler 79 Albus 8 Heller betrug.

Zur Verteilung dieser Steuern wurden die Vorsteher der 9 Gemeinden des Oberamtes Mettmann und der 11 des Unteramtes zusammengerufen. Vertreter der Freiheit Mettmann (Stadtbezirk) und der Stadt Gerresheim nahmen ebenfalls teil, um die erforderlichen Beträge auf die einzelnen Gemeinden aufzuteilen. Von der Gemeinde Ellscheid nahmen daran Vorsteher Jacob Büscher und Scheffe Johann Stöcker teil. Aus den Abrechnungen geht u.a. hervor, daß der Scheffe Stöcker neben seinem Jahresgehalt von 8 Talern als Scheffe 1 Taler für die Teilnahme an der "Steuer-Repartition" (Steuerverteilungsplan) erhalten hat.

 

 
Maximilian Joseph,
Kurfürst und Pfalzgraf,
später König von Bayern,
war 1799-1806 für die Regierung
des Bergischen Landes zuständig.
 


Unter französischer Herrschaft

Am 26. Dezember 1805 wurde Bayern zum Königreich erhoben. Um dies zu erreichen, hatte der Herzog von Bayern das Herzogtum Berg an die Franzosen abgetreten. Dies tat der nunmehrige König Maximilian Joseph den Bürgern des Herzogtums am 21. März 1806 kund durch einen Anschlag am Rathaus in Düsseldorf. [Schneider S. 226]

So war nun das Bergische Land an Napoleon ausgeliefert, der es am 12. Juli 1806 zum Großherzogtum erhob und seinen Schwager Joachim Murat als Großherzog einsetzte. Es gab nun auf den verschiedensten Gebieten gravierende Umwälzungen. So wurde im Geldwesen der Taler durch den französichen Franken ersetzt (Franc und Centimes). Die Ablösung des Zehnten wurde angebahnt, Klöster und kirchliche Stiftungen wurden aufgelöst und dem Fiskus übertragen. Im Steuerwesen wurde die Steuerfreiheit der größeren Güter aufgehoben, die Steuern allgemein erheblich erhöht. Dazu gab es neue Steuern auf Salz, Tabak, Kaffee, Zucker und anderen Waren.

Die napoleonische Zeit fand mit der Besetzung durch preußische und russische Truppen im November 1813 ihr Ende. Viele neue positive Errungenschaften, z.B. straffe Verwaltungsbehörden, Straßenbau, Aufhebung der Leibeigenschaft und andere, wurden auch danach beibehalten. So war auch die neue Gesetzgebung (Code civil) in vieler Hinsicht gut und fundiert aufgebaut, so daß sie zum Teil vereinzelt bis in das 20. Jh. hinein gültig blieb und zur Rechtsprechung herangezogen wurde.

Als das Bergische Land offiziell am 5. April 1815 ein Teil Preußens wurde, erhielten die verschiedenen Behörden andere Bezeichnungen (z.B. wurden Cantone zu Kreisen), gute Verwaltungen wurden aber übernommen. So wurde aus dem Haaner "Maire" Johann Friedrich Schmachtenberg der "Bürgermeister" Schmachtenberg, der sein Amt bis 1821 ausübte.



Zehntablösung (19. Jh.)

Bei den Preußen setzten sich nun auch im Steuer- und Abgabenwesen Entwicklungen fort, die bei den Franzosen angedacht worden waren. So wurden in ganz Preußen die Lehnspflichten und Adelsprivilegien beseitigt und die Leibeigenschaften aufgehoben. Der Zehnte - eine wesentliche Steuer der hiesigen Höfe an Kirchen und Klöster - konnte durch Zahlung eines 25fachen Jahresbetrages endgültig abgelöst werden. Da dies eine sehr hohe Summe für die einzelnen Höfe war, zog sich die Ablösung bei manchen über viele Jahrzehnte hin. Eine Liste von hiesigen Zehntablösungen, die von 1837 bis 1865 reicht, fand ich im Archiv der katholischen Kirche Erkrath. Die Zehntablösung dauerte auch über 1865 hinaus.

Unser Hof (unsere Hofhälfte), der dem Kloster Gräfrath zehntpflichtig war, hat den Zehnten laut Original-Urkunde unseres Archivs mit einem Betrag von 81 Talern 20 Silbergroschen abgelöst. Diese mehrseitige Urkunde wurde von der "Königlich preußischen General-Commission zur Regulierung der gutsherrlichen Verhältnisse und der Gemeinheitstheilungen" in Münster in den Jahren 1838-41 verfaßt und unterschrieben. Die andere Hofhälfte, die der Familie Krieckhaus gehörte, wurde erst beim Verkauf an meinen Großvater Friedrich Stöcker im Jahre 1884 endgültig von der Zehntschuld befreit. Ebenfalls im Jahre 1841 wurde laut vorhandener Original-Urkunde der Wachszehnte, den unser Hof an die katholische Kirche zu Erkrath entrichten mußte, mit 8 Talern 2 Silbergroschen 4 Pfennigen abgelöst.

Mit den verschiedenen Zehnten verabschiedete sich auch der schon vorher erwähnte Rottzehnte. Ich fand dazu im Haupt-Staatsarchiv ein Schriftstück, welches besagt, daß bei der Überprüfung der entsprechenden Unterlagen durch die Behörde im Jahre 1829 der Beamte keine Bemerkungen über Rottzehnte in Haan finden konnte. Seit 1807 (Franzosenzeit) ist dieser in den Akten nicht mehr verzeichnet. Es wird festgestellt, daß, falls die Rottzehntpflicht noch wirklich nachgewiesen werden kann und eine Verjährung nicht eingetreten ist, es ohne Prozeß keine Anerkenntnis der Besitzer geben wird. Es wird daher empfohlen, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen.

Bei den gleichen Dokumenten fand ich jedoch eine Reihe Ablösungsverträge vom Jahr 1833 aus den Gemeinden Sonnborn und Elberfeld. Darin mußte z.B. der Oetelshofen in Sonnborn den jährlichen Rottzehnten von 2 Talern 19 Silbergroschen 8 Pfennigen mit einem Betrag von 25 Talern 25 Silbergroschen ablösen, was etwa dem 23fachen Jahresbetrag entspricht. Das Ende des Rottzehnten verlief also nicht überall in gleicher Weise.

1850 wurde ein preußisches Gesetz zur Zehntablösung erlassen. Aus dem gleichen Jahr habe ich ein Verzeichnis der katholischen Pfarre Erkrath über die Preise, die bei Ablösung von Naturalzehnten anzusetzen waren. Diese sind festgesetzt von der Königlichen General-Commission zu Münster. Danach ist die Ablösesumme auf den 22 1/2fachen Jahresbetrag zu berechnen.

 

 
Gräfrath 1855 mit Klosterkirche (rechts) und ev. Kirche.
Zeichnung und Lithographie
von Mrs. Hunter Blair, England
 


Grund- und Klassensteuer (19. Jh.)

Nun zurück zu den behördlichen Steuern. Der älteste noch vorhandene gedruckte Original-Steuerzettel unseres Hofes stammt aus dem Jahr 1822. Es ist der "Auszug aus der Heberolle der Communal-Beiträge für das Jahr 1822" der Gemeinde Ellscheid in der Bürgermeisterei Haan. Danach war sowohl Grundsteuer als auch Klassensteuer zu entrichten. Die Klassensteuer war eine Kopf- oder Personensteuer, die hundert Jahre später auch Bürgersteuer genannt wurde.

Mit der ersten ordentlichen katastermäßigen Aufmessung und Erfassung der Höfe in Haan zu Beginn der 1830er Jahre wurde auch die steuerliche Bewertung der Grundflächen und Gebäude neu festgestellt. Danach wurden die einzelnen Grundstücke je nach Wert in Steuerklassen eingeteilt und für jede Parzelle sowie die Gebäude der steuerbare Reinertrag festgelegt. Eine erneute Grundsteuerveranlagung der Haaner Höfe fand 1867 statt. Alle diese Unterlagen werden im Düsseldorfer Haupt-Staatsarchiv in Kalkum aufbewahrt.

Aus dem Jahre 1863 liegt eine Steuerrechnung unseres Hofes vor, nach der 14 Taler 1 Silbergroschen Grundsteuer und 4 Taler 6 Silbergroschen Klassensteuer zu zahlen sind. Die Zahlungen in 3 Raten sind auf dem Bescheid quittiert. Der darauf folgende Jahressteuerzettel weist etwas erhöhte Beträge aus. Aus dem gleichen Jahr ist ein "Auszug aus der Heberolle der Kirchenbedürfnisse der ev. Gemeinde zu Haan 1863" vorhanden. Demzufolge mußten wir 24 Silbergroschen 4 Pfennige Kirchensteuer bezahlen. Auch diese fiel im folgenden Jahr mit 1 Taler 25 Silbergroschen 4 Pfennigen bedeutend höher aus. Ebenfalls 1863 wird vom Königlichen Steueramt in Mettmann eine Restschuld von 15 Silbergroschen aus dem Vorjahr bei uns angemahnt und 2 Tage später als bezahlt quittiert.

 
Alte Kirche
 
Die alte evangelische Kirche in Haan wurde 1863 abgebrochen.
Grafik nach einer Zeichnung von
Friedrich August de Leuw
aus dem Jahr 1849
 


Aus dem Gesindebuch

Eine interessante Quelle zu den Steuerzahlungen der Arbeitnehmer ist das Gesindebuch unseres Hofes, das von 1851 bis 1912 sorgfältig geführt wurde. Neben vertraglichen Lohnabmachungen und Lohnzahlungen sind dort auch verschiedene Steuerzahlungen aufgeführt, die unser Hof (als Arbeitgeber) für die beschäftigten Mägde und Knechte bezahlt hatte und die bei der Jahresabrechnung mit aufgerechnet wurden. Die Beträge sind sehr unterschiedlich. Bei verschiedenen Gesindekräften fehlen allerdings auch jegliche Angaben über Steuern. Warum dies so war, ist mir nicht erklärlich.

Einige Beispiele:

  • Bei der ersten Lohnabrechnung, bei der im Gesindebuch eine Steuerabgabe verzeichnet ist, wurden der Magd Anna Catharina Höltgen für das Jahr 1852 "6 Silbergroschen an Steuern" abgehalten.
  • Die Magd Anna Schürmann, die von Mai 1853 bis Mai 1854 beschäftigt war, mußte im November 5 Silbergroschen (Sgr) und im März nochmals 5 Sgr 3 Pfg bezahlen.
  • Der Knecht Hermann Koch zahlte im gleichen Jahr bei 30 Talern Lohn 3 Sgr 11 Pfg, im folgenden Jahr bei gleichem Lohn 5 Sgr.
  • Der Knecht Robert Hölken zahlte 1860 bei einem Lohn von 39 Talern in 3 Raten - im September, Dezember und April - insgesamt 43 Sgr 9 Pfg.
  • Interessant sind auch die Steuerabgaben der langjährig beschäftigten Magd Henriette Bahre, die 30 Taler Lohn erhielt und dabei 1861 insgesamt 21 Sgr 3 Pfg Steuern zahlte, 1865 15 Sgr Klassensteuer, 10 Sgr Communalsteuer und 11 Sgr 4 Pfg Kirchensteuer. 3 Jahre später zahlte sie bei gleichem Lohn 1 Taler 1 Sgr 4 Pfg Klassensteuer (1 Taler bergisch = 30 Sgr), 20 Sgr Communalsteuer und 12 Sgr 4 Pfg Kirchensteuer.

Auch das Gesinde wurde also von Jahr zu Jahr mit zunehmenden Steuerabgaben belastet, was durch viele weitere Beispiele belegt werden kann. 1881 sind Lohn und Abgaben erstmals in Mark und Pfennigen aufgeschrieben, obwohl der Taler schon ab 1875 durch die Mark ersetzt wurde.

Ab 1888 sind nur noch Communalsteuern verzeichnet, keine Klassensteuer mehr, dafür aber Beiträge für die Krankenkasse. Ab 1890 werden Beiträge zur Altersinvaliden-Versicherung einbehalten.

So gibt dieses Buch einen guten Einblick in die steuerliche Belastung der Gesindekräfte in der zweiten Hälfte des 18. Jh., wobei ich mir die oft recht unterschiedlichen Abgaben bei den einzelnen Personen nicht erklären kann.



Preußen

Hatte schon der preußische Staat ein einheitliches Steuer- und Abgabenwesen eingeführt (mit einzelnen Ausnahmen), so wurde nach der Reichsgründung 1871 nach und nach die Steuergesetzgebung durch entsprechende Reichsgesetze festgelegt, wenn es auch in verschiedenen Ländern z.T. immer noch Abweichungen gab. Das preußische Rechts- und Gesetzeswesen war jedoch auch bei den Steuern richtungsweisend. Für uns in Haan bedeutete es im wesentlichen, daß es bei der durch die preußischen Behörden eingeführten Steuern und Abgaben blieb.

In der "Preußisch-deutschen Gesetzessammlung 1806-1904" von G.A. Grotefend fand ich eine ganze Reihe von Gesetzen, die Steuern und Abgaben betrafen: Das Einkommensteuergesetz von 1891 hat einen progressiven Tarif, der erst mit 900 Mark Jahreseinkommen beginnt (6 Mark Steuern), bei 5 000 Mark: 132 Mark und bei 10 000 Mark: 300 Mark Steuern beträgt. Das gleiche gilt beim Ergänzungssteuergesetz (sprich Vermögenssteuer) von 1893. In den Gesetzen betr. Erbschaftssteuer von 1873, 1891 und 1895 sind die Abgaben je nach Verwandtschaftsgrad gestaffelt von 1-8% des Erbschaftsbetrages festgesetzt.

Weitere Gesetze betreffen
-  die Gewerbesteuer (Communalsteuer), die unterschiedlich nach Gemeinden und Klassen geordnet ist;
-  die Warenhaussteuer (nach Umsatz);
-  die Salzsteuer (1867 pro Zentner Speisesalz 2 Taler);
-  die Tabaksteuer, unterschieden nach Einfuhrtabak und hiesigem Anbau;
-  die Branntweinsteuer, gestaffelt nach gebrannter Menge Alkohol;
-  die Brausteuer (1872 je Zentner Getreide 20 Silbergroschen);
-  die Schaumweinsteuer (50 Pfg je Flasche);
-  die Zuckersteuer (1867 und 1896 je 100 kg Zucker 20 Mark, 1903 gesenkt auf 14 Mark);
-  die Spielkartensteuer (1878 30 und 50 Pfg);
-  die Stempelsteuer bei Verträgen (je nach Vertragswert 1/50 des Betrages).

Ab 01.01.1993 sind die meisten sogenannten Bagatellsteuern aufgehoben.

Für uns ist es interessant, in alten "Verwaltungsberichten über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürgermeisterei Haan" nachzulesen, was damals an Steuern gezahlt wurde. Im Bericht von 1897, als Haan 7 758 Einwohner hatte, heißt es u.a., daß der Gemeinderat aus 18 gewählten Bürgern und weiteren 15 Meistbegüterten bestand. Letztere waren diejenigen Grund- und Hausbesitzer, die von ihrem in der Gemeinde gelegenen Besitz mindestens 150 Mark Grund- und Gebäudesteuer zahlen.

Der Gemeinderat hatte um die Jahrhundertwende neben anderen Ausschüssen eine "Einkommensteuer-Vorschätzungs-Commission" und eine "Finanz-Commission", der unter anderem auch mein Großvater Friedrich Wilhelm Stöcker als gewählter Bürger angehörte. Diese berieten die Höhe der verschiedenen Gemeindesteuern nach dem Bedarf des Jahresetats der Gemeinde, wie es ja heute auch noch geschieht. Die Festsetzung erfolgte durch Rat und Bürgermeister.

Die frühere Klassensteuer heißt nun Einkommensteuer, die dem Staat zusteht. 1897 belief sie sich in Haan auf 9 988 Mark. Die Gemeinde erhielt dazu noch den ihr zustehenden Anteil der niedrig besteuerten 2 002 Haaner Personen = 6 700 Mark. Sie erhob ferner
Gewerbesteuer = 5 344 Mark;
Betriebssteuer = 305 Mark,
Grundsteuer = 5 223 Mark und
Gebäudesteuer = 11 083 Mark.
Die Ergänzungssteuer (so nannte man die Vermögenssteuer) betrug 2 883 Mark.
Ferner erbrachte die Hundesteuer 1 050 Mark (3 Mark pro Hund),
die Lustbarkeitssteuer 650 Mark, und an Kirmesabgaben wurden 500 Mark eingenommen.

Im Jahre 1900 wurde eine neue Grunderwerbssteuer-Ordnung zu Gunsten der Gemeinde Haan erlassen (1% des Erwerbswertes), ebenso ein 50%iger Zuschlag zur Reichs-Brausteuer.



Lustbarkeiten

Interessant ist auch die um 1902 vom Rat beschlossene "Ordnung betreffend die Erhebung von Lustbarkeitssteuern im Bezirk der Gemeinde Haan". Wegen ihrer ausführlichen Auflistung der verschiedensten "Lustbarkeiten" und deren Gebühren bringe ich sie hier im Wortlaut:


"Für die im Bezirke der Gemeinde Haan stattfindenden öffentlichen
Lustbarkeiten sind an die hiesige Gemeindekasse nachstehende
Steuern zu entrichten und zwar:

 1. Für die Veranstaltung einer Tanzbelustigung,
    einschließlich der sogenannten Kaffeekränzchen......... 10 Mk
 2. Für die Veranstaltung eines Konzerts
    oder einer Theatervorstellung .........................  5 Mk
    Für Konzert, Theatervorstellung und Ball in einem
    und demselben Lokale und an einem und demselben Tage
    abgehalten, soll eine Steuer von zusammen ............. 15 Mk
    bezahlt werden.
 3. Für Gesang- und deklamatorische Vorträge
    (sogenannte Tingel-Tangel) für den Tag ................ 20 Mk
 4. Für Vorträge auf dem Klavier oder anderen Instrumenten
    in Gastwirtschaften, Schankstuben, öffentlichen
    Vergnügungslokalen, Buden oder Zelten pro Tag .........  3 Mk
    Für Vorträge auf einem mechanischen Orchestrion
    ein Jahresbetrag von .................................. 25 Mk
 5. Für Vorstellungen von Gymnastikern, Equilibristen,
    Ballet- oder Seiltänzern, Taschenspielern, Zauberkünstlern,
    Bauchrednern und dergleichen für den Tag ............... 5 Mk
 6. Für das Halten eines Karussells, einer Schaukel,
    einer Rutschbahn oder dergleichen
    a. durch Menschenhand bewegt für den Tag .............. 10 Mk
    b. durch Pferde ....................................... 15 Mk
    c. durch Dampf oder sonstige elementare Kraft bewegt
       für den Tag ........................................ 25 Mk
 7. Für das Halten einer Würfelbude, eines Glücksrades,
    Stoßkegelbahn oder dergleichen für den Tag ............ 20 Mk
 8. Für das Halten einer Schießbude für den Tag ...........  6 Mk
 9. Für das Aufstellen und den Betrieb eines Hippodroms
    für den Tag ........................................... 15 Mk
10. Für das Aufstellen eines Kraftmessers
    oder eine Elektrisiermaschine für den Tag .............  3 Mk
11. Für Veranstaltung von Scheiben- und Vogelschießen
    oder öffentlichen Preiskegeln für den Tag ............. 10 Mk
12. Für öffentliche Belustigungen der vorher nicht gedachten
    Art, insbesondere für das Halten eines mechanischen
    Marionetten-Theaters, für das Vorzeigen eines Panoramas,
    Wachsfiguren-Kabinets, für Schaubuden, ferner für das
    Vorzeigen von Kuriositäten, Menagerien je nach dem zu
    erwartenden Gewinn des Unternehmers beziehungsweise nach
    der Bedeutung des Unternehmens für den Tag ....... 3 bis 10 Mk
13. Für die Veranstaltung eines öffentlichen Festzuges
    mit Musik, ausgenommen diejenigen bei Beerdigungen
    und kirchlichen Festen .................................. 5 Mk

Es wird ferner darin verfügt, daß die Steuer vor Beginn der Lustbarkeit zu zahlen ist, und daß auch geschlossene Veranstaltungen von Gesellschaften und Vereinen der Steuer unterliegen. Veranstaltungen aus wissenschaftlichen oder Kunstinteressen sind von der Steuer befreit, ebenso Veranstaltungen aus Anlaß des Kaisers Geburtstages.

 

 
1907
Wasserkarussell im
Ittertaler Volksgarten. Eine steuerpflichtige Lustbarkeit?
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 


Aus Verwaltungsberichten

Aus dem folgenden Verwaltungsbericht 1902-1906 ist zu entnehmen, daß die Steuern kontinuierlich anstiegen. So betrug die Summe der Gemeindesteuern 1902 100 180 Mk; 1904 125 252 Mk und 1906 129 861 Mk. Diese Beträge sind jedoch auch im Verhältnis zur ebenfalls gestiegenen Bevölkerungszahl zu sehen (8 425 - 8 759 - 9 219 Einwohner).

1907-1914 stiegen die einzelnen Steuern wie folgt:
Einkommensteuer im Jahre 1907 von 39 442 Mk auf 93 230 Mk in 1914;
Gebäudesteuer von 14 .036 Mk auf 24 131 Mk;
Grundsteuer von 5 089 Mk auf 5 031 Mk (= - 58 Mk);
Gewerbesteuer von 9 126 Mk auf 19 080 Mk.

Diese Steigerungen sind auf den gestiegenen Wohlstand zurückzuführen. Ferner erzielte die Gemeinde Erträge aus Marktgebühren, Gebühren für verschiedene behördliche Dienstleistungen, für Abfall- und Wassergebühren und Sonstiges.

Die Kirchensteuer in Haan erbrachte 1905 für die evangelische Kirchengemeinde 8 305 Mk (40% der Einkommensteuer) und für die katholische Kirche 2 117 Mk (33 1/3% der Einkommensteuer).

Ein Steuerzettel meines Vaters Robert Stöcker für das Jahr 1913, unterteilt in Staatssteuern (Einkommen- und Ergänzungssteuer) = 48,20 Mk und Gemeindesteuern (Grund-, Gebäude-, Einkommen-, ev. Kirchen- und Hundesteuer) weist zusammen 310,50 Mk aus. - Auch damals schöpfte der Fiskus bereits die verschiedensten Möglichkeiten aus, um zu Geld zu kommen.



Erster Weltkrieg und Inflation

Im Ersten Weltkrieg 1914-18 wurde zur Deckung der hohen Kriegskosten neben den Steuern zu Kriegsanleihen aufgerufen, die freiwillig gezeichnet wurden, was jedoch von den Bürgern als vaterländische Pflicht erwartet wurde. Da diese zur Kostendeckung keineswegs reichten, wurde eine zusätzliche Kriegssteuer erhoben. So habe ich einen Kriegssteuerbescheid vom 1. August 1917 für meinen Großvater Friedrich Wilhelm Stöcker, der als Rentner ein Privatvermögen besaß. Nach einem besonderen Verrechnungsmodus auf Grund der Kriegssteuergesetze von Juni und Dezember 1916 und des Kriegssteuerzuschlaggesetzes vom 9.4.1917 mußte er 471,60 Mark bezahlen, die am 30.8.1917 als gezahlt quittiert sind. Der entsprechende Steuerbescheid für meinen Vater lautete über 924 Mark.

Nach Kriegsende lagen die Reichsfinanzen wohl sehr im argen, denn am 15.2.1921 erhielt mein Vater einen wenig erfreulichen Bescheid vom Finanzamt Vohwinkel. Auf Grund des Gesetzes über "Reichsnotopfer" vom 31.12.1919 und des Gesetzes zur beschleunigten Erhebung des Reichsnotopfers vom 22.12.1920 mußte er zusätzlich 11 600 Mark bezahlen.

Ein weiterer interessanter Steuerbescheid vom 9.11.1921 behandelt den Wertzuwachs eines Grundstücks. Dieses hatte der Großvater 1910 für 4 200 Mark gekauft und der Vater im Jahr 1921 für 15 000 Mark (nunmehr schon schlechteres Geld = Inflationsbeginn) wieder verkauft. Den Differenzbetrag = Wertzuwachs besteuerte der Staat mit 19%.

Die Steuerzahlungen gingen nun mit zunehmender Inflation immer weiter und sehr schnell in die Höhe. So habe ich einen Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Vohwinkel für meinen Vater für das Jahr 1921 über 16 220 Mark. Eine weitere Quittung vom 24. Mai 1923 über gezahlte Reichseinkommensteuer 1922 über 300 000 Mark zeigt den rasanten Wertverfall des Geldes an. Zusätzlich mußte der Vater noch 100 000 Mark für die Zwangsanleihe 1922 zahlen.

Noch viel stärker drücken die Zahlen auf Quittungen von Oktober und Dezember 1923 die Geldentwertung aus. Da ist quittiert, daß der Vater in der Gemeinde Gruiten, in der nur ein kleiner Teil unseres Hofes grenzüberschreitend liegt, für den Monat Oktober 1923 (also 1/12 Jahresbetrag) 146 736 000 Mark Grundsteuer zahlte und für den Monat Dezember 733 680 000 000 Mark (also 733 Milliarden 680 Millionen) an Grundsteuer für diesen kleinen Teil des Hofes.

Am 1.1.1924 teilte die Sparkasse mit, daß die Billionmark eingeführt wurde, aus der dann die neue Rentenmark wurde. Mit dieser normalisierte sich dann auch das verrückte Zahlenspiel bei den Steuerzahlungen. Im "Verwaltungsbericht der Gartenstadt Haan 1907-1926" steht bei der Rubrik Steuerwesen über diese Zeit der folgende Satz: "Auf Wiedergabe der Kriegs- und Inflationsjahre ist mit Rücksicht darauf, daß die Zahlen wertlos sind, verzichtet worden."


Copyright © 1993 Friedhelm Stöcker. Alle Rechte vorbehalten.


Quellen:
  • Stöcker, Friedhelm: Bericht von Steuern, Zehnten, Zöllen und sonstigen Lasten, welche die Einwohner unseres Gebietes aufbringen mußten. Haan 1993
  • Eigene Urkunden und Dokumente, Verwaltungsberichte
  • Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kirchenarchive
  • Hildener Jahrbuch
  • Lomberg (1928)
  • NB = Strangmeier, Heinrich (Hrsg.): Niederbergische Beiträge
  • Schneider (1900)
  • Vollmar: Haan und Gruiten

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