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Eher zufällig fand ich im Hildener Jahrbuch 1956/59 die "Jugenderinnerungen eines Volksschullehrers", verfasst von Johann Christian Walber (1798-1859). Dabei interessierte mich die Person des Autors zunächst mehr als sein Beruf, da es sich bei diesem Herrn Walber von der Güg (Jüch) in Hilden um den Bruder einer Vorfahrin handelt. Aber da er nun einmal Lehrer war, wenn auch nicht in Haan, soll dies - ungeachtet eigener schulischer Erinnerungen - als Alibi herhalten, das Thema "Schulen in Haan" an dieser Stelle doch noch mit aufzunehmen.

Dass noch im 17. und zu Beginn des 18. Jh. in Haan - wie auch in den Nachbargemeinden - die Kenntnis des Lesens und des Schreibens noch längst nicht Allgemeingut war, geht aus zahlreichen Urkunden dieser Zeit hervor. Nicht selten heißt es: "Schreibens unerfahren, so hat statt der Unterschrift mit beistehenden Creutz unterzeichnet", oder eine andere Person hat vertretungsweise unterschrieben.

Selbst wo es schon Schulen gab, hing ihr Besuch von den wirtschaftlichen Verhältnissen und von der Einsicht der Eltern ab, denn der Schulbesuch war bis 1825 freiwillig und kostete Geld.

Vielleicht war auch das Interesse der örtlichen Amtspersonen wie Pastor, Vikar, Gerichtsschöffen und Schultheißen gar nicht so groß, die Unwissenheit der Bevölkerung zu beseitigen und damit etwas von der eigenen "Macht" aufzugeben. Einige Eltern schritten daher zur Selbsthilfe und gründeten die sog. Winkel- oder Heckschulen, aus denen sich später teilweise reguläre Schulen entwickelten.

Über den Umgang der Schulmeister mit ihren Schülern und umgekehrt ist in den lokalen Quellen leider nichts überliefert. Nicht auszuschließen ist, dass bei Dissonanzen anstelle der heute gebräuchlichen chemisch-pharmazeutisch-neuroleptischen Keule gelegentlich ein physikalisch wirkendes Stöckchen zum Einsatz kam.




Ab 16. Jh: Die reformierte Pfarrschule

Die ersten kirchlichen Lehrer

"Die ersten Nachrichten über die Schulverhältnisse in Haan stammen aus der Zeit der Reformation. Es ist möglich, daß auch schon früher eine Schule bestanden hat; aber urkundliche Belege dafür liegen nicht vor." Die erste bekannte Einrichtung war eine Pfarrschule unter dem Protektorat der reformierten Kirche, und die Kirche stellte auch die Lehrkräfte: "Mit der Erteilung des Unterrichts wurden in der ersten Zeit die Vikare betraut. Es waren dies Männer mit theologischer Vorbildung, die den Ortspfarrern als Pfarrgehülfen zur Seite gestellt wurden." [Lomberg S. 69]

Als Schullokal diente die Vikarie (das Pfarrhaus) [Wiedenhof ?]; die Schülerzahl war noch überschaubar.

Als erster Vikar war Wilhelmus Büren im Schuldienst tätig. Er unterrichtete die Kinder - so ist es ausdrücklich überliefert - im Heidelberger Katechismus. Das Lesen- und Schreibenlernen ergab sich dabei im besten Fall als Nebenprodukt.

1599 wurde der schon hochbetagte Vikar Büren zum Pfarrer der Gemeinde gewählt, und damit endete seine Unterrichtstätigkeit.

Vikar Andreas Hetzel wurde sein Nachfolger im Schuldienst. "Nachdem dieser im Jahre 1611 ebenfalls in das Pfarramt aufgerückt war, wurden als Schuldiener [= Lehrer] nacheinander die Vikare Adolf Schnitzler (1611-1625) und Wilhelm Bolthausen (1625-1632) bestellt. Als auch letzterer im Jahre 1633 Pfarrer geworden war, kam es nicht mehr zur Anstellung eines Vikars; fortan nahm man die Lehrer aus dem Laienstande." [Lomberg S. 69]


Ab 1633: Lehrkräfte "aus dem Laienstande"

Die nicht-kirchliche Lehrkräfte, die ab 1633 an der Pfarrschule unterrichteten, wurden von den Eltern der Schüler bezahlt. Wie ihre Vorgänger verfügten sie über keinerlei pädagogische Ausbildung.

Die religiöse Unterweisung blieb Unterrichts-Schwerpunkt, und das wichtigste Schulbuch war weiterhin der Heidelberger Katechismus, "[...] auf dessen wortgetreue Erfassung aller Fleiß verwandt wurde. Auch wurden die Kinder angehalten, regelmäßig den Gottesdienst zu besuchen. Ebenso wurden sie zum Leichensingen herangezogen. Zur besonderen Pflege und Aufsicht der Schule aber wurden zwei Mitglieder des Presbyteriums, damals Konsistorium geheißen, bestimmt, die wegen des ihnen aufgetragenen Amtes den Namen Scholarchen erhielten." [Lomberg S. 69]

Die beiden ersten Lehrer in Haan 'aus dem Laienstand' waren Peter Schmachtenberg (1633-1654) und sein Sohn gleichen Namens (1654-1670) vom Gut Schmachtenberg. Aus dieser Familie gingen später weitere Lehrer sowie der erste Haaner Bürgermeister hervor. - Mit dem Lehrerwechsel fand der Unterricht nun nicht mehr in der Vikarie statt, sondern im Haus 'zum Dom'.


Walder Straße 1  
2002
Das Haus "Zum Dom",
Walder Straße 1

"Es hat den Anschein, als ob das Schulhaus Eigentum der Schuldiener [= Lehrer] gewesen wäre; denn als der jüngere Schmachtenberg aus dem Amte schied und ein Fremder an seine Stelle trat, mußte auch die Schule verlegt werden. Die Halle am Eingang zum Friedhof wurde für passend erachtet und zur Schule hergerichtet. Aus diesem Anfang ist dann die Schule von Mittelhaan hervorgegangen." [Lomberg S. 69 f]

Nach Lehrer Schmachtenberg junior unterrichtete Heinrich Sandt 50 Jahre lang an der Haaner Pfarrschule (1671-1721). Ihm folgte nach seinem Tod Jacob Weck, der bis 1759 im Amt blieb. "Da er andauernd kränklich war, so wurde er zuletzt von den Schulbeteiligten gewaltsam bei Seite geschoben und mit einer geringen Geldentschädigung abgefunden. [Also ganz anders als heute.]

Sein Nachfolger wurde Johann Peter Konrad Koch, "ein tüchtiger Rechenmeister, der sich in seinen freien Stunden mit Feldmesserei befaßte." 1770 gab er die Schule zugunsten der Feldmesserei auf, da ihm diese mehr einbrachte. [Lomberg S. 70]

1760 betrug das Schulgeld pro Kind und Monat 7 ½ Stüber im Winter, 6 Stüber im Sommer. [Stöcker]

  Über Löhne und Preise


Wilhelm Busch: Lehrer Lämpel
 
Die Schullehrer waren in Haan
auch für die Kirchenmusik zuständig und
bis 1843 außerdem für den Küsterdienst.

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Ab 1742: Heck- oder Winkelschulen und andere Privatinitiativen

Heckschulen

In den Pfarrschulen wurde in jeder Beziehung improvisiert, nicht nur hinsichtlich der Räumlichkeiten, und die Lernergebnisse können nicht überzeugend gewesen sein. Um den Missständen abzuhelfen, entstanden aufgrund regionaler Elterninitiativen private sog. Heck- oder Winkelschulen, die den Kindern ein Schulwissen auf etwas höherem Niveau vermitteln sollten.

Eine solche Heckschule entstand 1742 in Unterhaan im Haus 'an der Meisen' (Kölner Straße 59). 1731 wird Adolff Stockder als Haushaltungsvorstand 'in der Meysen' genannt; möglicherweise war er an der Schulgründung beteiligt.

1778 zog die Heckschule um in das Haus Hülsberg (Hülsberg 7/9). 1790 wurde sie an den Schlagbaum verlegt. Aus ihr ist später die evangelische Schule Unterhaan hervorgegangen.


In der Meyse
1981   Haus "in der Meyse", Kölner Straße
Foto: Harro Vollmar
 
Haus Hülsberg
Haus Hülsberg.
Bild-Quelle: Ev. Kirchengemeinde Haan

1785 entstand eine Nebenschule auch in Oberhaan an der Windfoche. Sie wurde dann nach Ölbers und schließlich nach Meiseicken verlegt (= Meis, Meishus, seit 1929 Wuppertal-Vohwinkel). Aus ihr entstand die evangelische Schule Oberhaan.

Die damaligen offiziellen Lehrer konnten über die private Konkurrenz nicht glücklich sein, denn durch die Heckschulen wurde ihnen zunehmend das Schulgeld entzogen. Nebenschulen "im Dorf" wurden vom Konsistorium unterdrückt. "Anders lagen die Verhältnisse in dem Kirchspiel, wo die weiten Schulwege ein gewichtiges Wort mitsprachen. Hier ließ man die Heckschulen bestehen". [Lomberg S. 71] - Nicht nur in Haan, sondern auch in den Nachbargemeinden griffen die Eltern zur Selbsthilfe.

  Privatinitiative in Wald (Solingen): Gründung der Lindersberger Schule

Pastor Hess zitiert aus einer Akte des evangelischen Haaner Kirchenarchivs, wonach sich 1809 der in Mittelhaan tätige Lehrer Holthausen beschwerte, dass "... der Abraham Wülfing zu Holthausen sich seit einigen Jahren damit beschäftige, in seiner Wohnung Schule zu halten. Dieses ließ ich, so heißt es, weil er eine zahlreiche Familie hat, ruhig geschehen. Jetzt hat sich aber der Peter Schumacher daselbst ebenfalls dem Geschäfte unterzogen. Wie sehr es diesen Leuten durchaus an aller Bildung fehlt, ist Ihnen bekannt [...]". Die Beschwerde war anscheinend an die Schulbehörde gerichtet, die dann den genannten Personen das "Schulhalten unter Androhung von Strafe" untersagte. [Hess S. 127 f]


Erwachsenenbildung

Aber es gab nun einmal Bürger, die wenig Geld hatten und trotzdem lernen wollten, und es gab andere, die ihnen etwas beibringen wollten. So entstand um 1823 eine Abendschule für Erwachsene in den Büchen (= in den Böcken = Ecke Stöcken / Jägerstraße). 10 bis 12 erwachsene Schüler ließen sich hier von Peter Kröner unterrichten. Auch dies missfiel den offiziellen Lehrern Holthausen und Worring, und sie zeigten Kröner an:

"Daß wir dieses Unwesen wünschten abgeschafft zu haben und die Sucht zum Unterrichten diesem Menschen genommen würde, können Sie sich leicht denken, wir lassen es ja auch an der Abendschule nicht fehlen. - So ist die Anzeige." [Hess S. 128]

Kröner musste den Unterricht einstellen. Zutiefst enttäuscht antwortete er 1826 dem damals amtierenden Schulinspektor Pastor Momm: »[...] Denn was konnte es unseren Schullehrern schaden? indem es doch alle betagte Männer waren, die doch nicht mehr zur Schule gehen können; denn nur der weiß es, welcher selbst durch Arbeit sein Brot verdienen muß und Frau und Kinder zu ernähren hat, daß da nicht viel erübrigt werden kann, um dem Lehrer seine Mühe zu belohnen. Wir kamen zusammen, wie wir von der Arbeit kamen, welches sich auch nicht schicken würde, wenn man zur Schule gehen wollte... Ich werde aber gerne Ihrem Befehl Gehorsam leisten, indem ich unschuldig daran bin, wenn diese Menschen in der Unwissenheit bleiben. [...]« [Hess]


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Ab 1771: Die evangelischen Schulen in Haan

Die von der ev. Pfarrschule bisher benutzte Friedhofshalle war mit der Zeit baufällig geworden, und so sah man sich zu einem Neubau gezwungen. "Die neue Schule bezog im Jahre 1771 Johann Wilhelm Wülfing, der als Nebengeschäft ebenfalls die Feldmesserei betrieb. Da er darüber sein Amt vernachlässigte, so wurde er im Jahre 1790 gezwungen, zu seiner Vertretung einen Gehülfen zu halten. Im Jahre 1806 erlag er einem Schlaganfall." [Lomberg S. 70]

  Bei diesem Neubau von 1771 dürfte es sich um das Fachwerkhaus am Alten Kirchplatz gehandelt haben, in dem später die Stadtbibliothek untergebracht war. An anderer Stelle hatte Vollmar zuvor ein Baujahr um 1800 angegeben, vermutlich ein Irrtum. [Vollmar 1991 / Vollmar, Häuser und Höfe]


Haan
 
Schule am Alten Kirchplatz,
später Stadtbibliothek.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan

"Daß sich die beiden zuletzt genannten Lehrer mit Nebenerwerb befaßten, das hatte vor allem seinen Grund in der völlig unzureichenden Dotierung der Pfarrschule. Die Lehrer waren im wesentlichen auf das geringe Schuldgeld angewiesen, das die Schulkinder zu zahlen hatten. Gemeinde und Staat kümmerten sich um das Schulwesen nicht." [Lomberg S. 70]

Wenn Lehrer neben ihrem Amt weitere Tätigkeiten ausübten, so lässt das ggf. auch Rückschlüsse auf die Intensität der Ausbildung zu. Auch die Qualität wird sehr unterschiedlich gewesen sein, denn eine geregelte Ausbildung gab es nicht. Wer Volksschullehrer werden wollte, der ging bei einem erfahrenen Schulmeister als Gehilfe in die Lehre und versuchte sich so die pädagogischen Grundlagen anzueignen.

Bestandteil der Lehrer-Bezüge war die Verköstigung bei den Eltern der Schulkinder, der sog. Wandertisch, der bei den Lehrern auf mehr oder eher minder große Begeisterung stieß. Wie dies aussehen konnte, beschreibt August Lomberg in der Anekdote

  Rüöbenmos on ke-in Eng

Gelegentlich halfen Sponsoren, wie 1785-1788 der Barmer Kaufmann Engelbert Evertsen, ein Freund des Mystikers Gerhard Tersteegen. Er selbst lebte "sehr anspruchslos und benutzte den reichen Gewinn, den ihm sein Bandgeschäft brachte, dazu, um weit und breit im Bergischen Lande die Schulen aufzubessern. So erhielt auch die Haaner Pfarrschule von ihm die Summe von 250 Reichstalern, aus deren Zinsen das Schulgeld und die Bücher für die armen Schulkinder bezahlt werden sollten."

Die preußische Regierung zu Emmerich ließ 1787 der Gemeinde Haan zur Aufbesserung des Lehrergehaltes weitere 50 preußische Taler zukommen. [Lomberg S. 70] Über den Grund und Hintergrund dieser Spende schweigt der Autor.

1807: Pflichten und Rechte des Lehrers Dorp am Schlagbaum

Wohlstand war anno 1807 für einen Haaner Lehrer wirklich nicht zu erlangen. Aufschlussreich sind die Bestimmung in der von den Scholarchen Peter Backhaus und Wilhelm Kemper unterschriebenen Berufungsurkunde für den Lehrer Dorp vom 30.01.1807, der am Schlagbaum seinen Dienst antreten sollte.

Verlangt wurde, dass er "die ihm anzuvertrauende Jugend im Buchstabieren, Lesen, Schreiben, Rechnen, Singen, den Lehren des Katechismus und in der Anführung zu guten Sitten treulich unterweise. Erwartet wird von ihm, daß er sich in jeder Absicht so betrage, wie es einem rechtschaffenen Lehrer der Jugend eigne und gebühre." Die Gegenleistungen einschließlich des Rechts auf eine jährliche Betteltour Sammeltour durch die Gemeinde wurden folgendermaßen präzisiert:

»Freie Wohnung im Schulhaus auf einem eigenen Zimmer, worauf sich Bettstätte samt Bett und Laken befindet. Das Bereiten und Reinigen nebst Waschen wird ihm von den im Hause Einwohnenden geleistet und von der Honnschaft vergütet, nebst dem Kaffee des Morgens, welchen Ihr nach Belieben entweder bei den Eingesessenen genießen oder Euch dafür einen gewissen Ersatz unterschreiben lassen könnet.

Das Mittag- und Abendessen habt Ihr bei allen Schulinteressenten einzunehmen. Sodann ein jährliches Fixum von 12 Reichstalern und zwar vierteljährlich von einem der Scholarchen zu empfangen, nicht weniger einen jährlichen Umgang durch die Honnschaft in Begleitung eines Scholarchen. Endlich von jedem Schüler den Monat im Sommer wie auch im Winter, wegen eigner Anschaffung der Feuerung, einen Schilling. Rechnende bezahlen zwei Schilling den Monat. [...]

Wir sehen Eurer Anherokunft so bald wie möglich entgegen, mit dem hinzugefügten Wunsche, daß es Euch bei uns und uns bei Euch wohlergehen möge.« [Lomberg S. 71 f]


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Ab 1815: Die preußische Volksschule in Haan

1815 war das Bergische Land Bestandteil der preußischen Monarchie geworden. Zum General-Gouverneur des vorläufig gebildeten "General-Gouvernement Berg" hatte Freiherr vom Stein den einflussreichen Staatsrat Justus Gruner ernannt, der als Begründer der preußischen Herrschaft im Bergischen Land gilt.

Gruner richtete sein besonderes Augenmerk auch auf das 'niedere' Schulwesen, um das sich die frühere kurpfälzische Regierung überhaupt nicht gekümmert hatte. "Er bemühte sich, die Schulen in eine noch engere Verbindung zur Kirche und zur bürgerlichen Gemeinde zu bringen. Es wurden Schulverbände gebildet, die Schulaufsicht erhielten die Schulpfleger (Vorläufer der späteren Schulinspektoren). [Rees S. 51]

Aber erst 1825 wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Bis dahin war es den Eltern überlassen, ihre Kinder zur Schule zu schicken oder auch nicht. Die Schülerzahl erhöhte sich daraufhin in Haan so weit, dass die drei vorhandenen einklassigen Schulen in Mittel-, Unter- und Oberhaan nicht mehr ausreichten.

Unter preußischer Regierung erfolgte nun eine geordnete staatliche Ausbildung der Lehrer. "Die Zahl der 'Selbstgelernten' nahm auch in Haan zugunsten der 'Seminariker' rasch ab. In den unteren Klassen freilich mußte man sich eine Zeitlang noch mit sogenannten Gehülfen begnügen; vom Jahre 1875 an aber waren auch in ihnen nur noch staatlich ausgebildete Lehrkräfte tätig." [Lomberg S. 230 f]


Die evangelische Schule in Mittelhaan

Um 1864 entstand nach dem Abbruch der alten Haaner Kirche (1863) am Alten Kirchplatz unmittelbar neben deren Fundamenten ein neues, massives Schulgebäude, zunächst für drei Klassen, später für fünf. Das alte Fachwerk-Schulhaus am Alten Kirchplatz 31, das dem neuen Gebäude gegenüber lag, diente von nun an als Lehrerwohnung.

Das inzwischen völlig verschlissene steinerne Schulhaus wurde um 1934 abgebrochen. [Vollmar]

Bei der Angabe "Abriss 1924" [Vollmar, Häuser und Höfe] könnte es sich um einen Druckfehler handeln, denn 1925 wurde die Realschule "in dem stark abgenutzten und in manchem Betracht völlig unzulänglichen Schulgebäude am alten Kirchplatz untergebracht." [Lomberg S. 241]

Folgende Lehrkräfte waren an der evangelischen Schule Mittelhaan tätig:

  • Peter Jakob Holthausen (1806-1843), angestellt als Organist und Küster. Nach seinem Tod wurde das Küsteramt von der Schule abgetrennt.
  • Heinrich Friedrichs aus Meiderich (1843-1886). Auch er war in der Kirche als Organist tätig und erteilte strebsamen Schülern in den Abendstunden zusätzlichen Unterricht.
  • Johann Wilhelm Tang aus Wersten (1887-1912)
  • Gottfried Eicker (1912-1918), früher in Höhscheid tätig. Er fiel 1918 in Frankreich.



Schule am Alten Kirchplatz.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan
 
Alter Kirchplatz
Das Lehrerhaus, dahinter die Schule am alten Kirchplatz



 
Ein Klassenfoto, vermutlich aus der Schule am Alten Kirchplatz:
"Erinnerung an das Schuljahr 1875".
Der Photograph war Wilhelm Kratz aus Barmen.
Hier ein größeres Bild
Bild-Quelle: Paul Zimmermann

Die evangelische Schule in Unterhaan

Die ev. Schule in Unterhaan ist aus der Heckschule hervorgegangen, die zuletzt am Schlagbaum untergebracht war. In den 1820er Jahren besuchten 96 Kinder diese Schule, davon waren 86 evangelisch und 10 katholisch. Unter den Eltern waren 40 Weber, 4 Messerschmiede und 9 Ackerer, Tagelöhner und Müller.

Überliefert sind folgende Wohnorte der Schulkinder: Buschnes, Laibach, Sombers, Tenger, Hülsberg, Hascheid, Steg, Pütt, Sporkelnbruch, Kellertor, Banden, Fietschhaus, Heidfeld, Schasiepen, Kaisersbusch, Schinsbusch, Püttdell, Buschhöf, Brand, Stöcken, Dorn, Hackland, Heide, Eulenhäuschen, Grund, Meise, Schricks, Hinüm, Schmitte, Müllersberg.

  Die alten Häuser und Höfe

Die Räumlichkeiten reichten für die wachsenden Schülerzahlen längst nicht mehr aus. 1828 beklagte sich der streitbare Karl Friedrich Worring, Lehrer an der Schlagbaumer Schule, schriftlich über die Unzulänglichkeiten:

»... Mein Schulzimmer enthält 24 Fuß Länge [1 preuß. Fuß = 31 cm], 12 Fuß Breite und 8 Fuß Höhe. In diesem engen Raum müssen jeden Tag über 100 Kinder unterrichtet werden. [...] Wie es aber möglich ist, in diesem engen, dunstigen, überall vollgepfropften Schulzimmer, das nur höchstens 60 Kinder aufnimmt, und wo die in Masse sich häufenden Ausdünstungen jede freie Geistestätigkeit hemmen, planmäßig zu unterrichten, das wird der am besten zu bestimmen wissen, der mit den jetzigen Anforderungen der Elementarschulen bekannt ist, und es weiß, daß gehöriger Raum und reine gesunde Luft dazu unerlässliche Bedingungen sind.

Es schmerzt mich jedesmal, wenn ich so in den Kreis meiner Schüler eintrete, und es sehen muß, daß die kleinen Kinder gedrängt nebeneinander sitzen und nicht so viel Platz haben, um gehörig zu arbeiten. Eine Klasse von 20-25 Kindern, die ich notwendig ans Schreiben tun müßte, können dieses aber nicht, indem ich nicht weiß, wo dieselben Platz zum Schreiben haben sollen. [...]« [Hess S. 126 f]

1833 erhielt die Schule endlich ein neues Gebäude. Es stand noch bis 1968 am Schlagbaum. Wegen stetig zunehmender Schülerzahlen wurde es wiederholt durch Anbauten erweitert. Lehrer Worring profitierte aber nur noch kurze Zeit davon; er starb 1835.

Folgende Lehrer waren an der Schlagbaumer Schule tätig:

  • Karl Friedrich Worring (bis 1835)
  • Johann Abraham Melchior (1835-1842)
  • Friedrich Wilhelm Limbach (1842-1845)
  • Friedrich Rudolf Gelderblom aus Millrath (1845-1849), Sohn von Friedrich Bernhard Gelderblom und Neffe von Johann Wilhelm Otto Gelderblom, Lehrer zu Nümmen
  • Robert Hummeltenberg aus Hilden (1849-1853)
  • Johann Nohlen (1853-1869)
  • Robert Güldner (1869-1872)
  • Ferdinand Schneider aus Hilden (1872-1877)
  • August Merx aus Hilden (1877-1911)
  • Abraham Sprungmann aus Neviges (1912-1927). Er wurde 1927 Konrektor der Schule an der Dieker Straße.


Schlagbaum
 
1968
Schlagbaumer Schule
kurz vor dem Abbruch
Foto: Harro Vollmar
 

Die evangelische Schule in Oberhaan

Auch die Schule in Oberhaan hatte an der Windfoche und zu Ölbers schon längere Zeit als Nebenschule bestanden. Sie wurde 1833 mit der Schule am Holz in der Gemeinde Wald vereinigt und nach Wibbelrath verlegt. 1878 wurde diese Verbindung wieder gelöst und das Schulhaus an der Elberfelder Straße erbaut. Die leitenden Lehrer waren:

  • Peter Arnold Pohlhaus aus Wermelskirchen (1834-1867)
  • Otto Neuburg (1867-1870)
  • Julius Voos aus Ohligs (1871-1880)
  • Johann Wilhelm Tang aus Wersten (1880-1887). Er war später an der Schule in Mittelhaan tätig.
  • Friedrich Siegel aus Anhausen im Kreis Neuwied (1887-1925). Zuletzt war er noch vier Monate an der Schule zum Diek als Konrektor tätig.
  • August Rubin aus Duisburg (ab 1925). Er war früher Lehrer an der Schule in Unterhaan.

Die 2-klassige Schule wurde Silvester 1944 durch Bomben zerstört.


Oberhaan
 
Die Volksschule in Oberhaan,
Elberfelder Straße
Bild-Quelle: Ev. Kirchengemeinde Haan


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Ab 1856: Weitere Schulgründungen und Umstrukturierungen


Haan
Vor 1990   Haus zum Dorn, Bahnhofstr. 73.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan
 
1856/58 entstand die erste provisorische, einklassige katholische Schule im Haus "zum Dorn" (Bahnhofstraße 73). Die ca. 50 katholischen Schüler hatten bisher die evangelischen Schulen besucht.


Haan
Bahnhofstraße 43
 
1862 erhielt die katholische Schule das Gebäude Bahnhofstr. 43, zunächst einklassig, später sechsklassig.

Das Gebäude wurde später als Berufsschule und noch später (1970er Jahre bis ?) als Arbeitsamt genutzt. Heute (2007) sind dort das DRK und die Geschäftsstelle der Haaner CDU zu finden.


Haan
2005   Flurstraße 172 / Ecke Heidfeld


Haan
Katholische Schule Alleestraße
Bildquelle: Ansichtskartenmuseum Haan




1910   Das neue "Schulhaus"
hinter der Diekerschule
Bild-Quelle: Festschrift
 
1886 wurde die evangelische Schule im Heidfeld mit einer Klasse eröffnet, später auf zwei Klassen erweitert. Dieses massive zweigeschossige Backsteingebäude wird heute als Wohnhaus genutzt. Es steht unter Denkmalschutz.

1894 wurde die zweiklassige evangelische Schule zum Diek eröffnet.

1895 folgte das zweite katholische "Schulsystem"an der Alleestraße, zunächst ein-, später dreiklassig. [Lomberg]

1910 wurde die Rektoratschule gegründet. "Den lebhaft geäußerten Wünschen nachgebend, wurde sie auch dem weiblichen Geschlechte zugänglich gemacht."  [Lomberg  S. 240] Der Unterricht fand zunächst in einer kleinen, beweglichen Holzbaracke hinter der Diekerschule statt. "Sie umfaßte einen Klassenraum von etwa 60 qm Bodenfläche, einen Flur und ein kleines Lehrerzimmer." [Schulchronik]

Im Verzeichnis der Ehemaligen steht unter "Aufnahme 1910" übrigens "Barth, Emil" an allererster Stelle. 29 Jahre später erinnert sich der Haaner Schriftsteller (1900-1958) in seiner Erzählung "Wandelstern" an das naturnahe Fertighäuschen:

"Die neue Schule lag wie eine Isolierbaracke in der äußersten Ecke eines weitläufigen fremden Schulplatzes, wo bisher auf einer Wiese von hartem Gras nur Ziegen geweidet hatten. Freie Luft umwehte den leichten Bau. Schon während ich als Zaungast dem Zusammensetzen der Patentwände zusah, empfand ich diese Offenheit der Landschaftsferne voll bewußter Hoffnung. - - -

Es war am Morgen des Prüfungstages. Die sprühfeine Feuchtigkeit der Luft war in immer stärkeren Strichregen übergegangen. Plötzlich begann es zu tropfen. Ganz rasch fiel mitten im Klassenzimmer eine Kette von Tropfen herab und dann neben dem Lehrerpult noch einmal. Ein merkwürdiger Ausbruch von Begeisterung war die Folge. Unverzüglich kristallisierte sich um den Tropfen Natur, der da verheißungsvoll unserer künftigen Geistesbildung zugesetzt wurde, die neue Gemeinschaft.

Und als wir einige Augenblicke später den erwarteten Schulleiter im wehenden Radmantel und den Hut mit der Stockkrücke haltend über den Hof steuern sahen, fühlten wir uns schon nicht mehr ganz fremd in der neuen Anstalt. »Es regnet durch« riefen wir, sobald es anging, ihm zu. Er runzelte die Brauen.»Schon?« sagte er nur, und wer Ohren hatte, hörte ahnungsfroh, daß wir in dieser leichtgezimmerten Arche noch manchen Tag 'regenfrei' bekommen würden." [Barth]


Haan
2002   Schillerstraße 14
 
1922 wurde die Umwandlung in eine zunächst sechsklassige Realschule beschlossen. Die zahlreichen Umzüge von einem Provisorium ins nächste sind kaum nachzuvollziehen.

1950-1952 befand sich die Schule in der Schillerstraße 14 (zuvor HJ-Heim, später Polizeiwache).


Haan
2010   Alleestraße 8
 
Anschließend bezog die Emil-Barth-Realschule das Gebäude Alleestraße 8 (jetzt Verwaltungsnebenstelle der Stadt).

1978 wechselte sie gleichzeitig mit der Hauptschule "Zum Diek" in das gemeinsame Schulzentrum an der Walder Straße.

1913 entstand ein drittes katholisches Schulsystem in Unterhaan. 1914/15 wurde an der Hochdahlerstraße ein neues dreiklassiges Schulgebäude errichtet (mit Zentralheizung und Brausebad!).

1921 wurde eine "Hilfsschule für schwachbegabte Kinder" eröffnet, 1928 vorübergehend aufgelöst.

Haan
2010   Ehem. "Rote Schule" Zum Diek, Dieker Straße 49
 
1924 sind wegen abnehmender Schülerzahlen die beiden evangelischen Schulen zu Mittelhaan und zum Diek zu einem achtklassigen System vereinigt und in dem erweiterten Schulgebäude an der Dieker Straße 49 untergebracht worden.

1978 zog die Hauptschule "Zum Diek" um ins Schulzentrum Walder Straße 15.

1926 wurden die beiden evangelischen Schulen am Schlagbaum und zu Heidfeld zu einem fünfklassigen System zusammengelegt und in dem erweiterten Schulgebäude an der Hochdahler Straße untergebracht.

1926 wurde auf Elternwunsch für ca. 80 Kinder zu Heidfeld eine "rein weltliche Schule" eingerichtet, die aber schon im Folgejahr wieder aufgelöst wurde.

Haan
2010   Gemeinschaftsschule Mittelhaan, Dieker Straße 69
 
Die beiden katholischen Schulen zu Mittel- und Oberhaan wurden zu einem sechsklassigen System vereinigt. Anfang 1928 bezogen sie den Schulneubau an der Dieker Straße 69, das (ab 1926) nach Plänen des damaligen Stadtbaumeisters Pabst errichtet worden war.

1961 hieß diese Volksschule Gemeinschaftsschule Mittelhaan (auch die VHS war hier untergebracht), heute Gemeinschaftsgrundschule Mittelhaan (Offene Ganztagsschule). Ende April 2010 wurde das Schulgebäude abgebrochen.

  Fotos: Ein letzter Rundgang am 11. April 2010 durch die alte Gemeinschaftsschule Mittelhaan

Haan
1968   Bau des Gymnasiums Adlerstraße 3
 
1967 wurde das Städtische neusprachliche und math.-naturwiss. Gymnasium gegründet. Der Bau der Schule an der Adlerstraße vollzog sich in mehreren Stufen bis 1977.

Diese Schule berührt das "alte Haan" natürlich nicht mehr.



Quellen:
  • Barth, Emil: Der Wandelstern (1939)
  • Hess, Wilhelm: Von den Anfängen des christlichen Gemeindelebens und aus der Geschichte der evangelischen Kirche. In: Stadt Haan (1959) S. 93-129
  • Lomberg (1928)
  • Rees, Werner: Geschichte und Gegenwart der Gartenstadt. In: Stadt Haan (1959) S. 29-91
  • Stöcker, Friedhelm
  • Stadtverwaltung Haan: Das alte Haan (1954)
  • Vollmar (Häuser und Höfe)
  • Vollmar (1991, 2001)
  • Walber, Johann Christian: Jugenderinnerungen eines Volksschullehrers. Hildener Jahrbuch 1956/59, hrsg. v. Heinrich Strangmeier, Hilden 1960, S. 102-105
  • Festschrift: 50 Jahre Realschule Haan 1910-1960


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