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Butzkotten - Trinnskotten - Linderskotten -
Schäferskotten (Itter)
Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseum

 
Trinnskotten
Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseum. Ansichtskarte, Slg. M. Tettinger
 
Lage
Geschichte und Eigentümer
Das Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseum
Namen




Lage

Der Trinnskotten stand an der Mittelitter nahe dem Haupteingang des Strandbades zwischen der heute vorhandenen kleinen Abwasseranlage und dem "Wasserfall". Auf der Ploennies-Karte von 1715 ist er auf der linken Bachseite eingezeichnet. Stau- und Grabenanlagen sind noch zu sehen.

Der Standort des Schäferskottens und späteren Museums ist auch auf einem Lageplan des damals neu gebauten Strandbades gut zu erkennen.


Ittertal
 
Rechts ist der Linderskotten (=Trinns- oder Schäferskotten) eingezeichnet, nicht, wie bei Lunkenheimer auf S. 58 angegeben, der oberhalb des Neuenkottens gelegene Plückers- oder Linderskotten.

Nach einer Flurkarte der Gemeinde Haan von 1891 (Ausschnitt)

Kottenstandorte



Geschichte und Eigentümer

Ein Kotten war hier bereits 1683 vorhanden. Lunkenheimer zufolge gehörte er 1683/84 Jan und Wilhelm Weck zu Igelsforst. Wie i.d.R. auch an anderer Stelle, wenn diese Jahreszahlen genannt werden, ist die Primärquelle hier das Hebbuch des Solinger Rentmeisters Wilhelm Vaßmann 1683/84 (Nr. 7). Namen von Kotten sind dort nicht angegeben.

1787 wird der Kotten 'Abraham und Wilhelm Lender Kotten' genannt. [Brangs]

"Ein Angehöriger der Familie Linder heiratete eine Katharina Butz. Zu dieser Zeit kamen die Namen 'Butzkotten' und 'Trinnskotten' auf. (Trinn ist die volkstümliche Kürzung des Vornamens Katharina.) [Brangs]

Im Mai 1847 waren die Witwe Linder und Carl Kaymer Eigentümer des Schleifkottens mit 20 Schleifstellen und einer Knochenstampfe. [Lunkenheimer S. 57]

  Dies schreibt Lunkenheimer unter dem Kapitel "8. Linderskotten". Glaubt man der Quelle Julius Günther, so beziehen sich diese Angaben aber auf den Trinnskotten (vgl. 1853).
Dieses gleichzeitige Vorhandensein zweier Linderskotten an der Itter hat mehrfach für Verwechslungen gesorgt. Werden in einer Quelle (wie bei Günther) beide Kotten bzw. alle Walder Kotten abgehandelt, ist eine Zuordnung unproblematisch.


Am 30.08.1847 suchten die Eigentümer Wilhelm Linder und Carl Kaymer bei der Regierung in Düsseldorf um die Erlaubnis nach, das Wasserrad und das Gerinne des Kottens verändern zu dürfen. Die Genehmigung wurde am 24.11.1847 erteilt. [Lunkenheimer S. 57]

  Auch diese Angaben dürften sich auf den Trinnskotten beziehen.
Bei "Wilhelm" Linder könnte es sich um die "Witwe" Linder handeln (Lesefehler?).


1849 war der halbe Butzkotten Eigentum von Peter Melcher, wie aus seiner Verkaufsanzeige im Solinger Kreis-Intelligenzblatt zu erfahren ist:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 14. März 1849

"Mein hieselbst gelegenes Gut bestehend aus Wohnhaus, Scheune, Stallung, circa 3 Morgen 90 Ruthen Ackerland und einem halben Schleifkotten, bin ich Willens aus freier Hand zu verkaufen. Kauflustige wollen sich deshalb bei mir melden.

Peter Melcher am Butzkotten."


  An anderer Stelle taucht der Name "Peter Melcher" nicht auf. Kurz vor dem Datum der Verkaufsanzeige (1848) werden Linder und Kaymer genannt, ebenso danach (1853). Insofern ist fraglich, ob es sich bei diesem Butzkotten wirklich um den halben Trinnskotten handelt.




Trinnskotten
 
Kratzkotten? Trinnskotten!
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Dieses Foto ist bei Lunkenheimer (S. 50) mit "Kratzkotten" bezeichnet, auch das alte Original-Foto im Solinger Stadtarchiv trug diese Aufschrift. An anderer Stelle im Stadtarchiv fand ich den Hinweis, es handele sich um den Schäfers-/Trinnskotten, aufgenommen von der Bergseite aus (von Osten), und den Obergraben. Vergleiche dieses Bildes mit anderen Fotos vom Trinnskotten bestätigen dies. Leider ist das Originalfoto nicht datiert; es muss aber vor 1913 entanden sein, denn in diesem Jahr wurde auf dem Gelände mit dem Bau des Ittertaler Strandbades begonnen.




1853 (24. Mai bzw. 5. Sept.) wird der Kotten unter der Bezeichnung Linderskotten in der "Nachweisung" des Bürgermeisters von Wald über die im Walder Bezirk vorhandenen "Wasserbetriebswerke" mit folgenden Angaben aufgeführt:

    10. Linderskotten
    Besitzer: Ww. Linder und Kaymer.
    Schleifkotten und Knochenstampferei mit einem oberschlächtigen Wasserrad.
    12 Fuß Gefälle.
    20 Schleifstellen und ein Stampfer für Knochen.
    Konzessioniert 1847.
    Wehr ist vorhanden.
    Höhe des Fachbaums 3,18 Fuß.
    Pegel sind oberhalb und unterhalb im Jahre 1848 gesetzt.
    [Günther S. 102]

  Über die Stauanlagen


Trinnskotten
 
Vor 1913
Schäfers- oder Trinnskotten
Ansichtskarte, Slg. M. Tettinger



In seiner Liste vom 04.02.1875 über die in Wald vorhandenen Schleifereien nennt Bürgermeister Alvermann als Eigentümer dieses "Linderskotten" Butz & Kaiser und notiert, dass in diesem Kotten keine Trockenschleiferei betrieben werde. [Stadtarchiv Solingen, Akte W-2263]

Die Erben Butz verkauften den Kotten an Walter Schäfer (* 1866) zur Ittersberger Straße. Die Jahreszahl hat offenbar weder Brangs noch Lunkenheimer ermitteln können. Der Namen des Kottens änderte sich daraufhin in Schäferskotten. [Brangs und Lunkenheimer S. 63]

  Alle drei Namen scheinen gleichzeitig gebräuchlich gewesen zu sein: Linders-, Trinns- und Schäferskotten. "Amtlich" war wohl die Bezeichnung "Linderskotten".

"Lingersch Trinn", die Witwe Katharina Linder, war über Jahrzehnte Eigentümerin des Kottens, bis ihn der "Erne Jrute" erwarb.

  So oder "Ernen Grute" wurde Carl Friedrich Ern im Volksmund genannt.

"Von diesem ging er auf das Ittertaler Heimatmuseum über. Der Trinnskotten ist seinem Namen nach der einzige 'weibliche' Kotten des Ittertales." [Solinger Tageblatt vom 03.02.1941]

  Die Eigentümerwechsel passen nicht ganz zusammen:
Erben Butz --> Schäfer
Kath. Linder --> Carl Friedrich Ern --> Heimatmuseum
1847 und 1853 wird Witwe Linder als Eigentümerin genannt, 1875 aber nicht. Und 1912 verkauft Witwe Kath. Linder an C. F.Ern. Eigentümer Schäfer taucht nicht mehr auf. Vielleicht war er gleichzeitig mit Witwe Linder Eigentümer; vielleicht hatte sie ihm seinen Anteil abgekauft.

"Als das Strandbad gebaut wurde, ging der Kotten in den Besitz von Carl Friedrich Ern, behielt aber seinen Namen" Trinnskotten. [Pohl]

Nach Lunkenheimer erfolgte der Verkauf an den Fabrikanten Ern 1912. Bis 1918 arbeitete hier der Haaner Schleifer August Ern (* 1860). [Lunkenheimer S. 63]

Im August 1912 war C.F. Ern definitiv Eigentümer des Schäferskotten, denn in dieser Eigenschaft verfasste er ein Beschwerdeschreiben an das Bürgermeistereiamt Wald. [Stadtarchiv Solingen, Signatur W-740]




Das Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseum

Sei es wegen seines guten Erhaltungszustandes oder wegen der unmittelbaren Nähe zum Eingang der noch relativ neuen Attraktion des Ittertaler Strandbades: Der Trinnskotten wurde, anders als andere Kotten in der Umgebung, nicht abgerissen, sondern seine Räumlichkeiten wurden zum Domizil des neuen Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseums auserkoren. Am 23. Juli 1927 fand die Eröffnung statt.

Ungeachtet wirtschaftlich harter Zeiten gab man sich viel Mühe mit der Ausstattung des Museums und der Gestaltung der Außenanlagen. Selbst Geranien vor den Fenstern fehlten nicht. Es wurde viel Wert auf eine idyllische Präsentation dieses Industriedenkmals gelegt. Ein Ausflug dorthin ließ sich leicht mit einem Besuch im Strandbad, im Ittertaler Volksgarten oder einer Wanderung zur Heidberger Mühle verbinden.

Das Heimatmuseum war eines der beliebtesten Ittertaler Foto- und Ansichtskarten-Motive, und meist wurde es aus demselben Blickwinkel gezeigt.


Heimatmuseum
 
"Ittertal, Bergisch. Heimatmuseum",
vor 1933. Links am Gebäude befindet sich das Wasserrad.
Ansichtskarte, Slg. M.Tettinger

Auf dieser Abbildung ist der Standort des Trinnskottens aus Blickrichtung des heutigen Parkplatzes gut nachzuvollziehen. Der Bach fließt hinter der grünen Hecke. Links ist der (nicht mehr vorhandene) Turm des Strandbades mit rotem Dach und den flachen Eingangs-Gebäuden zu erkennen, in der Bildmitte der "Wasserfall". Der Weg am Bildrand ganz rechts führt zur Ittertalstraße hinauf. Das Gebäude wirkt von dieser Seite aus größer: Auch die Fenster der Schleiferei im Untergeschoss sind zu sehen.




August Lomberg äußert sich in seinem Haaner Heimatbuch (1928) begeistert über dieses neue Ausflugsziel. Nach seiner Beschreibung war im Untergeschoss weiterhin die alte Schleiferei vorhanden:

"Da sehen wir das große Schaufelrad, das die einzelnen Schleifmaschinen in Umlauf setzt. [...] Da steht noch der früher gebräuchliche Ofen mit dem vorspringenden Tacken und dem angehängten Aufwärmer. Auf einem Kannenbrett sind irdene Teller, auf einem Schab zinnerne Schüsseln und steinerne Krüge aufgestellt; auch die so beliebte 'Dröppelmina' fehlt nicht. Wir sehen ferner eine aus der Rübölzeit stammende Öllampe. Auch das übrige Mobiliar ist aus alten Beständen zusammengestellt." Auch die von C. Friedr. Ern erfundene erste Hohlschleifmaschine war ausgestellt.

Im Dachgeschoß befand sich ein Webstuhl nebst allem Zubehör, von dem 85jährigen Weber Ferdinand Üllendahl eingerichtet. "Durch gärtnerische Anlagen hat man auch der Umgebung ein gefälliges Aussehen verliehen. [...] Der Weg selbst ist mit abgesetzten Schleifsteinen eingefaßt. Am stärksten aber zieht ein Wasserfall den Blick auf sich; die Itter stürzt dort über ein mächtiges Wehr, was bei hohem Wasserstande einen prachtvollen Anblick gewährt." [Lomberg S. 251]   -   Die heute noch vorhandene mehrstufige Anlage hinter der Brücke zwischen Ittertalstraße und Parkplatz ist vermutlich der "Rest" dieses mächtigen Wehrs.


Heimatmuseum
 

2008   Der alte Tackenofen steht als
blankgeputztes Ausstellungsstück
im Solinger Stadtarchiv.
Links:
Blick in einen Raum des früheren Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseums. In der Mitte ein altertümlicher Tackenofen, im Gestell an der Wand Zinngerät, hinter dem Ofen hängen Tabakmesser und weitere Gefäße.

Hexe
 
Auch ein Ausstellungsstück:
die von Carl Friedrich Ern
erfundene Schleifmaschine "Hexe".

Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen


Im Januar 1934 veröffentlichte der Bergische Beobachter eine Art Rechenschaftsbericht des Museums:

"[...] Die Zeit größter wirtschaftlicher Not zwang die Museumskommission vom 15. Mai 1933 ab den Eintrittspreis von 20 auf 10 Pfennig herunterzusetzen, und der Erfolg ist nicht ausgeblieben, denn die Besucherzahl ist wesentich gestiegen. Sie muß noch weiter steigen, wenn das Denkmal Solinger Schleifer erhalten und ausgebaut werden soll. [...]

Im Jahre 1932 besuchten das Museum 3 514 Personen, wozu die Vereinsmitglieder kamen. Im abgelaufenen Jahre betrug die Besucherzahl 5 563. [...] In dieser Zahl sind die Besucher enthalten, die in geschlossenen Vereinen kamen und die Schulklassen unter Führung des Lehrers. Sie betrug 1 139. Nach wie vor steht das Ittertalmuseum hinsichtlich seiner Besucherzahl mit an der Spitze der Heimatmuseen, und das ist ein Beweis für die Erfüllung der kulturellen Aufgabe, die es sich gestellt hat. [...]

Die Einnahmen betrugen 1933 einschließlich des vertraglichen Zuschusses 1 387 Mark, während die Ausgaben 1 028 Mark ausmachten, so daß mit einem Überschuß von 359 Mark ins neue Jahr eingetreten wurde, der allerdings in den Zuschußmonaten des Winters voraussichtlich größtenteils aufgezehrt wird. [...]

Vom Vorfrühling bis in den späten Herbst hinein boten die Gartenanlagen um das Museumsgebäude ein äußerst farbenprächtiges Bild. Die Anlagen unterstehen der Leitung des Herrn Hugo Uellendahl. [...]"

[Bergischer Beobachter vom 07.01.1934]


Übrig geblieben ist nichts davon. Fliegerbomben zerstörten in der Silvesternacht 1944 auch das Heimatmuseum vollständig.

Zu dem in den 1950er Jahren geplanten Wiederaufbau des Museums an der gleichen Stelle ist es bekanntlich nicht gekommen.

Wenn auch dieses Heimatmuseum zum Bedauern vieler "alter" Solinger und Haaner nicht mehr existiert, so gibt es doch noch zwei andere "begehbare"Solinger Kotten. Zwar werden dort keine vergleichbaren Exponate ausgestellt, aber man kann zeitweise den Schleifern bei der Arbeit zusehen: Der Wipperkotten und der Balkhauser Kotten, beide an der Wupper gelegen. können besichtigt werden.



 
2004   Kurz hinter dem "Wasserfall" mündet ein großes vergittertes Rohr in die Itter.



Namen

1683/84   Jan und Wilhelm Weck
19. Jh.   Familie Butz
1847   Witwe Linder und Carl Kaymer
1849   Peter Melcher
1853   Ww. Katharina Linder und Kaymer
1875   Butz und Kaiser
?        Erben Butz
?        Walter Schäfer
1912   Carl Friedrich Ern (= Erne Jrute)
bis 1918   August Ern



  Ittertal - Trinnskotten


Quellen:
  • Bergischer Beobachter vom 07.01.1934
  • Brangs,Stadtarchiv Solingen, 0-4-Kotten-Allgemein
  • Günther (1932). Seine Quelle: Gemeindeakten Solingen-Wald, G.II.5
  • Hermanns (1925), Hebbuch 1683/84
  • Lomberg (1928)
  • Lunkenheimer (1990) S. 61 ff und S. 57
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 14.03.1849
  • Solinger Tageblatt vom 3. Februar 1941
  • Stadtarchiv Solingen, 0-4-Kotten (Schreiben Pohl)
  • Stadtarchiv Solingen, Akte W-2263
  • Strandbad Ittertal Wald - Rhld. (Prospekt o.J., zwischen 1919 und 1921?)

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