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Aus der Franzosenzeit (1795)

Rosenthal berichtet von einer Begebenheit zur Zeit der französischen Besetzungen gegen Ende des 18. Jh.:

"Die militärischen Zurüstungen der Kaiserlichen ließen einen Angriff der Franzosen erwarten. Lange vorher verließ die Familie von Bottlenberg-Kessel Hackhausen und suchte im Stift Elsey an der Lenne Zuflucht. Die Furcht vor den 'Sansculotten', vielleicht noch verstärkt durch das Schicksal der französischen und belgischen Emigranten, die in Solingen gewesen waren, war stärker als das Familiengefühl. Als am 1.9.1795 der letzte männliche Erbe Karl Friedrich Franz v. Bottlenberg-Kessel, der sich zur Ausbildung in Düsseldorf aufhielt, im Alter von 16 Jahren starb, brachte es keiner der Familienangehörigen, nicht einmal die Mutter, fertig, zum Begräbnis nach Solingen zu kommen. Das überließ man dem lutherischen Pastor Löh und der Dienerschaft in Hackhausen allein."
[Rosenthal 2. Bd. S. 182]

  Sansculotte, "Ohne[knie]hose, (abwertend) proletarischer Revolutionär der Franz. Revolution [Duden]

  Notizen aus der Franzosenzeit in Haan




  • Zur Dienerschaft auf Hackhausen gehörten in dieser bewegten Zeit auch der Dienstknecht Franciscus Vogelfänger (* 11.06.1777 in Manheim bei Kerpen) und dessen spätere Ehefrau, die Magd Sibilla Müller (* 22.10.1775 in Kerpen). Die beiden heirateten am 02.11.1800 in Kerpen (heute Erftkreis); in der Heiratsurkunde ist als Wohnort Schloss Hackhausen - Solingen angegeben.

  • 1801 wurde in Kerpen das erste von acht gemeinsamen Kindern geboren. Vermutlich arbeiteten und wohnten Franz und Sibilla also nur bis zur Hochzeit auf Schloss Hackhausen, etwa im Zeitraum 1790-1800, um ihre Familien- bzw. Existenzgründung zu finanzieren. Franciscus Vogelfänger starb am 08.02.1821 in Kerpen. Seine Witwe ging am 19.01.1822 mit Ferdinand Norbert Ohrem eine zweite Ehe ein. Sie starb am 11.06.1838, ebenfalls in Kerpen.

  •   Ein Nachfahre ist auf der Suche nach weiteren Informationen. Wenn Sie weiterhelfen können: Direkt-Kontakt zu Paul Breuer

  • Auch Johanna Wilhelmina Philippina Schwarte war Dienstmagd auf Schloss Hackhausen. Am 30.08.1808 wurde sie die zweite Ehefrau von Peter Daniel Hammerstein, der ab 1808 als Pächter der Hackhauser Mühle erscheint.



Amalie Philippine Franziska Adolphine von Bottlenberg (1799)

"Nach dem im Jahre 1799 erfolgten Tode Friedrich Christophs von Bodlenberg kam Hackhausen an eine Tochter des Mindener Domherrn Carl Abraham Franz Alexander von Bodlenberg-Kessel, der 1791 zu Hackhausen starb und in dem früher dort befindlichen Erbbegräbnisse beigesetzt wurde; später wurden seine Gebeine wie auch die von sechs anderen Familienangehörigen aus der lutherischen Kirche und dem Erbbegräbnisse im Hackhauser Walde in eine gemeinsame Begräbnisstätte auf dem oberen Teile des Friedhofs an der Casinostraße in Solingen überführt. Seine 1785 geborene Tochter und Erbin Amalie Philippine Franziska Adolphine heiratete den preußischen Hauptmann Freiherrn Georg Eberhard Klamor Friedrich von dem Bussche-Ippenburg, aus der Gegend von Osnabrück, der nun Besitzer von Hackhausen wurde."
[Schmidt S. 73 f]

Das Geschlecht der Bodlenbergs, das ehemals auf Hackhausen seinen Sitz hatte, ist lt. Schmidt ausgestorben. [S. 74]



 
Die 1893 beim Besitzerwechsel
abgebrochene Grabkapelle
Detail einer Postkarte


 
2012
Grabstätte auf dem Friedhof an der Klauberger Straße in Solingen

"Hier ruht die Freifrau Amalie von
dem Bussche-Ippenburg gebohrne
von dem Bodlenberg-Kessell
gebohren den 22sten Juni 1785
gestorben den 28ten Juli 1809"

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19. Jahrhundert

Georg Eberhard Klamor Friedrich
von dem Bussche-Ippenburg (1804)

Durch die Eheschließung zwischen Amalie und Georg ging Hackhausen also 1804 mittels Einheirat in den Besitz von Georg Freiherr von dem Bussche-Ippenburg über, der den Namen Kessel aufnahm. [Rosenthal 1. Bd. S. 51]   Nach dem Tod seiner Frau 1809 erwarb er auch das Verfügungsrecht über das Haus Caspersbroich, das er aber schon 1810 an den bisherigen Pächter Adolf Holthausen verkaufte.

Im März 1809 soll Freiherr von dem Bussche-Ippenburg zu Hackhausen Direktor des Kantons Richrath (heute Langenfeld / Rheinland) gewesen sein. [Müller S. 312] 1814 wird er als Obrist-Hauptmann des Landsturmes des Kantons Solingen genannt. Er war der Vater des Freiherrn und späteren Grafen Friedrich Wilhelm Julius von dem Bussche-Kessel. [Schmidt S. 74]




Freiherr Friedrich Wilhelm Julius
von dem Bussche-Kessel-Ippenburg

Landrat
 
Friedrich Wilhelm Julius
Graf von dem Bussche-Ippenburg
gen. Kessel
(1805-1861), Landrat

"Durch seinen Sohn Friedrich Wilhelm Julius Freiherr von dem Bussche-Kessel-Ippenburg kam Hackhausen zu einer aktiveren Rolle, als dieses Haus durch seine Besitzer jemals in der Solinger Geschichte gespielt hatte. Dieser war von 1836-1850 Solinger Landrat [nach Georg Freiherr von Hauer (1819-1836)]; er wurde 1840 in den Grafenstand erhoben.

Hackhausen, das nach 1807 zur Bürgermeisterei Höhscheid gehörte, war in dieser Bürgermeisterei tonangebend. Der Herr von Hackhausen war der einzige Wähler in der ersten Klasse, er war Mitglied des Gemeinderates. Als Inhaber eines anerkannten Rittergutes hatte er seinen Sitz im Rheinischen Provinziallandtage. Der Höhscheider Gemeindehaushalt war auf seinen größten Steuerzahler angewiesen. Nach damaliger Steuergesetzgebung war er auch für seinen großen Ippenburger Besitz in Höhscheid steuerpflichtig. Als Landrat fiel ihm die Aufgabe zu, den Kreis Solingen in dieser Zeit der beginnenden Industrialisierung zu lenken.

Er war von Jugend an mit allen Fragen der Solinger Industrie und auch mit der Denkweise der Bevölkerung vertraut. Das zeigte seine besonnene Haltung während der Revolution 1848/49 der Unruhestimmung gegenüber. Darüber kam er zu Fall und wurde 1850 als Landrat abgesetzt. Er zog darauf von Solingen weg nach Ippenburg und überließ Hackhausen einem Pächter. Das wurde Hackhausen zum Verhängnis. " [Rosenthal 1. Bd. S. 52]

Von dem Bussche-Kessel wurde noch am 28.7.1849 im Wahlkreis Düsseldorf zum Abgeordneten der I. Kammer gewählt. Aber dann musste er in der Folge des Maiaufstandes von 1849 seinen politischen Abschied nehmen:

"Es nützte ihm nichts, daß er sich nach der Revolution in seinen Berichten über die politische Demoralisation der Arbeiterschaft durch die demokratischen Klubs erging. Seine unentschlossene Haltung während der Revolution genügte, ihn für ungeeignet zu erachten. Die Regierung legte ihm im Juni 1850 den Rücktritt nahe. Er nahm seinen Abschied und zog sich auf sein Gut Ippenburg zurück." [Rosenthal 2. Bd. S. 383]

"Die Bussche-Kessels waren Lutheraner. Graf Friedrich Wilhelm machte 1841 den Versuch, sich der eben gegründeten Gemeinde Rupelrath anzuschließen. Die kleinere ev. (lutherische) Gemeinde, der er angehörte, verlangte aber eine Ablösung von 1500 Talern, und das war dem Grafen denn doch zu kostspielig. Er zog seinen Antrag auf Umpfarrung zurück. Als 1890 die kleine lutherische Kirche abgebrochen wurde, ließ er sein Kirchengestühl und sein Wappen nach Ippenburg bringen."
[Rosenthal 1. Bd. S. 52]

Wenn aber Graf Friedrich Wilhelm schon 1861 verstorben ist, wer hat dann...?


Luth. Kirche Solingen
 
1782-1890
Lutherische Kirche Solingen
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen



Der große Brand (1887)

Der Fortzug des Hausherrn nach Ippenburg wurde Hackhausen zum Verhängnis. "Ein Gutsverwalter steckte den Hof 1887 in Brand und vernichtete den schönen Rokokobau samt Wirtschaftsgebäuden" schreibt Rosenthal. [Bd. 1 S. 52]   Allerdings lagen zwischen Fortzug und Brand 30-40 Jahre, und der Graf war zum Zeitpunkt des großen Feuers schon über 25 Jahre tot!

Das Solinger Kreis-Intelligenzblatt berichtete am Dienstag, den 26. April 1887, von dem großen Brand, der in der Nacht zum Samstag, also am 22. April, "kurz nach 11 Uhr" ausgebrochen sein muss. Zu dieser Zeit wohnte im Schloss die "Familie des Herrn Rentmeisters T.". Das Schloß brannte vollständig aus. Nur die Umfassungsmauern und einige Wände im Erdgeschoss blieben stehen. Die Bevölkerung nahm regen Anteil und pilgerte am nächsten Tag zur Brandstätte, um die Ruine in Augenschein zu nehmen.



Der SKIB-Reporter beschrieb das Brandunglück und den fröhlichen, trotz oder wegen fehlender "Fotostrecke" lebhaften Katastrophen-Tourismus mit wachsender Begeisterung und brachte die Geschichte zu einem versöhnlichen Ende:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt von Dienstag, 26. April 1887

** Ohligs, 25. April. Mit dem Hackhauser Schlosse, das bekanntlich in der Nacht zum Samstag ein Raub der Flammen geworden ist, ist ein historisches Bauwerk zu Grunde gegangen, an welches sich viele Erinnerungen mannigfacher Art knüpften; die Zerstörung des Schlosses ist umsomehr zu bedauern, als, wie man uns mittheilt, nur wenig Hoffnung auf Wiederaufbau desselben besteht.

Das Schloss ist vollständig ausgebrannt, rauchgeschwärzt ragen die vier Umfassungsmauern aus dem Schutt hervor, aus welchem am Sonntag Nachmittag noch leichte Rauchwolken emporstiegen. Während des ganzen Sonntags pilgerten Hunderte und aber Hunderte nach der Brandstätte hinaus, um die Greuel der Verwüstung, welche durch das entfesselte Element angerichtet, in Augenschein zu nehmen. -

Das Feuer selbst wurde in der Samstag Nacht kurz nach 11 Uhr, während die Bewohner des Schlosses, die Familie des Herrn Rentmeisters T., im ersten Schlafe lagen, bemerkt. Noch ehe Hülfe zur Stelle war, hatten die Flammen sich über den ganzen Dachstuhl verbreitet und auch bald in den zweiten Stock hinuntergegriffen, aus dem nur sehr Weniges gerettet werden konnte. Ungefähr eine Stunde nach Ausbruch des Brandes war die Ohligser Feuerwehr mit einer Spritze zur Stelle, die indessen begreiflicherweise nicht viel ausrichten konnte.

Gerettet wurde nur ein Theil des im Hause befindlichen Mobiliars. Nach wenigen Stunden sürzte das ganze Gebäude in sich zusammen, alles noch in demselben Befindliche unter seinen Trümmern begrabend, während mächtige haushohe Feuersäulen funkensprühend zum nächtlichen Firmament aufstiegen. Nur die Umfassungsmauern und einige Wände im Erdgeschoß blieben stehen, um inmitten halbverkohlter Balken und rußigen Gesteins Zeugniß von der Vergänglichkeit alles Irdischen abzulegen.

Um die Ruine herum entwickelte sich indessen, namentlich am Sonntag Nachmittag, ein bewegtes Treiben; Neugierige kamen und gingen und nahmen auch vielfach an den Tischen im angrenzenden Garten Platz, wo alsbald eine 'Restauration mit Flaschenbier' eingerichtet wurde, die kaum alle vom Durst dictirten Wünsche befriedigen konnte.

Rings herum aber, an Baum und Strauch, machte sich das wiedererwachte Leben der Natur, das geheimnißvolle Walten des Lenzes bemerkbar, überall lugte junges Grün und schauten schwellende Knospen hervor -; auch in diesem Falle berührten sich die Gegensätze: hier ein Bild der Zerstörung, des Vergänglichen, - dort ein fröhliches Treiben, und die zu neuem schönen Leben erwachende Natur! -


Die zuvor in unmittelbarer Nähe befindliche Hackhauser Mühle soll bereits 1886 durch Brandstiftung des Verwalters mit Namen Lippke völlig zerstört worden sein. - Beide Male Brandstiftung eines Verwalters, womöglich desselben? Was steckte dahinter? Nichts Genaues weiß man nicht, und auch im SKIB war in der Folgezeit nichts weiter darüber zu finden.

Das Untergeschoss des Schlosses wurde gleich nach dem Brand wieder hergerichtet. Über dem Portal fand das von dem älteren Bau stammende Bottlenbergische Wappen mit den beiden Löwen als Schildhalter wieder seinen Platz. [Rosenthal 1. Bd. S. 50]


Hackhausen
Schloss Hackhausen vor dem Brand
Detail einer Postkarte
Bildquelle: Stadtarchiv Solingen
 
Hackhausen
1887   Nach dem Brand



August von Recklinghausen und Richard Berg (1893)

Das notdürftig wieder aufgebaute Hackhausen wurde 1891 an den Ökonomen Leimgart aus Borbeck bei Essen verkauft. Schon 1893 veräußerte dieser den Besitz weiter an die beiden Kaufleute August von Recklinghausen aus Köln (seine Familie stammte aus Solingen) und dessen Schwager Richard Berg.   Schloss Hackhausen war "bürgerlich" geworden.

Gegenüber dem Schloss, auf der anderen Seite der Landstraße in der Gemeinde Ohligs, ließ Richard Berg 1896/97 das neue Haus Hackhausen erbauen, "das sowohl seines geschmackvollen Stils als auch der Gesamteinrichtung wegen als neuzeitlicher Herrensitz angesprochen werden kann. Das neue Haus und der herrliche Park, von dem es umsäumt wird, findet ebensoviele Bewunderer wie der alte Rittersitz." [Schmidt S. 74]



Villa Berg
Um 1898   Villa Berg
Detail einer Ansichtskarte
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Villa
Villa Berg. Nach einer Ansichtskarte, gelaufen 1903 [Slg. Michael Tettinger]

Villa Berg
"Gruß aus dem Bergischen Land. Schloß Hackhausen b. Ohligs". Diese Ansichtskarte ist etwas jünger als die beiden anderen.
 
Villa
2009   So sieht die "Villa Berg" heute aus.


Abb. unten links: Hier irrte der Ansichtskarten-Verleger. Nicht Schloss Hackhausen ist abgebildet, wie die Aufschrift besagt, sondern ebenfalls die Villa Berg. Allerdings hat sich das Aussehen des vorderen Turms verändert, und so wie hier abgebildet sieht er auch heute noch aus. Zum Vergleich eine aktuelle Aufnahme des Anwesens; sie wurde freundlicherweise von der    Werbeagentur von Mannstein zur Verfügung gestellt, die heute in den Räumlichkeiten residiert.

Manchmal wurden "brandaktuelle" Postkarten von neuen Gebäuden produziert, noch bevor diese ganz vollendet waren; da konnten sich bauliche Details noch ändern. Dieser Verdacht drängt sich auch bei diesen Ansichten auf. In diesem Fall lassen weitere Abbildungen aber vermuten, dass die ursprünge Turmhaube - wahrscheinlich zwischen 1907 und 1910 - durch die jetzt vorhandene ersetzt wurde.


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Bergische Sagen, gesammelt von Otto Schell (1897)

Der ewige Jäger und die weiße Frau. (Mündlich.)

"Zu Hackhausen und der dortigen Gegend schrecken Eltern ihre Kinder wohl heute noch mit dem Hinweis auf den ewigen Jäger. Noch vor 25 Jahren haben unterschiedliche Leute dort den ewigen Jäger gesehen. Auch haben manche deutlich gehört, daß er des Nachts um 12 Uhr dreimal auf seinem Waldpfeifchen pfiff.

Dieser ewige Jäger ist aber nicht allein. Eine weiße Frau ist bei ihm. Diese weiße Frau aber soll ein verwünschter Engel sein. Vor der weißen Frau fürchtet sich darum kein Mensch, wohl aber vor dem ewigen Jäger, welcher zu seinen Lebzeiten sehr hart gegen die armen Leute war, sich mit seinem eigenen Blute unterschrieb und an vier Wegen vor dem Teufel gestanden hat."

[Schell S. 130 (V.17)]






In einem Zeitungsartikel erinnert Julius Günther an einen alten Brauch der Bevölkerung von Solingen und Umgebung: die Pfingstwanderung in den Hackhauser Busch und vielleicht auch zur Wirtschaft vom 'Wetzlersch Kaal' im Schloss (Druckfehler inbegriffen). Der Artikel erschien zu einer Zeit, als die Heimatverbundenheit gerade wieder besonders gestärkt werden sollte:


Rheinische Landeszeitung vom 30. Mai 1941

Die ehemalige Hackhauser Pfingstkirmes

Ein alter Maibrauch

"[...] Hier sei an einen früheren Brauch erinnert, dessen sich die ältesten Leser wahrscheinlich noch entsinnen werden. Es ist der Pfingstausflug in den 'Hackhauser Busch', wie er vor 45 Jahren noch allgemein bekannt war. Ein solcher Ausflug war der Bevölkerung aus der näheren und weiteren Umgebung von Solingen, teils sogar aus Remscheid und Cronenberg an den Pflingsttagen zur Selbstverständlichkeit geworden. Man ging Pfingsten zur 'Hackhauser Kirmes'. Dabei muß schon das Wort Kirmes als eine landläufig gewordene Bezeichnung für Vergnügungen aller Art angesehen werden. Mit einem Kirchweihfest hatte nämlich dieser Pflingstausflug in die Waldungen des ehemaligen Rittersitzes Hackhausen nichts zu tun, denn in dessen näherer Umgebung bestand keine Kirche. [...]

Die Sitte, am Pfingstmorgen nach Hackhausen zu wandern, besteht schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Nach dem letzten Besitzwechsel in Hackhausen und dem Bau der Straßenbahn Ohligs-Langenfeld war es, wie Zeitgenossen angaben, mit der Hackhauser Kirmes zu Ende. Das Betreten der Wälder wurde seinerzeit nicht mehr gestattet. Sie wurden auch teilweise eingefriedigt. Somit unterblieb der Ausflugsverkehr zu einem nicht mehr bestimmbaren Orte der Hackhauser Waldungen, von dem man auch nicht weiß, warum gerade er ein solches Pfingstausflugsziel geworden war.

Als äußeres Zeichen einer festlichen und volkstümlichen Veranstaltung wurden an den Pfingsttagen am bekannten Straßenknick vor Schloß Hackhausen vier bis fünf Verkaufsbuden aufgestellt, in denen Näschereien und dergleichen zu haben waren. In der Hauptsache wurden auch gekochte Eier verkauft, das Stück zu einem heute nicht mehr geläufigen Preise von vier bis sechs Pfennig, je nach der Größe. Damit machte man das bekannte 'Eierkippen', eine gerade beim Pfingstausflug unter der jüngeren Bevölkerung sehr bekannte und beliebte Sitte.

Ferner wurde gelegentlich der Hackhauser Kirmes ein Brauch geübt, der heute nur noch wenig bekannt sein dürfte, nämlich das 'Schohlappen-Kloppen'. Es war eine Geschicklichkeitswette, ähnlich wie beim Eierkippen. Als 'Schohlappen' wurde ein schuhsohlenförmiger Honigkuchen von etwa einem Zentimeter Dicke bezeichnet. Mit solchen 'Schuhsohlen' wurde folgendes getrieben:

Es kaufte sich jemand einen oder zwei Schuhlappen und suchte sich einen Partner, mit dem er die Wette eingehen wollte, daß er die Schuhlappen mit einem, zwei oder drei Schlägen, oder mit einem oder mit zwei Fingern durchschlagen könne. Kam die Wette zustande, so wurde die erwähnte Backware in die linke Hand genommen und mit der rechten die bei der Wette verabredeten Schläge ausgeführt. Gelangen die Schläge und wurde die Wette damit gewonnen, so mußte der Gegner die Schuhlappen bezahlen; gelang es nicht, so hatte der Gegner das Anrecht an die Schuhlappen erworben. Die Schuhlappen flogen also hin und her, und mitunter kam es auch zu Auseinandersetzungen, die jedoch meistens von den bei diesem Spiel interessierten und umstehenden Personen schnell geschlichtet wurden.

Noch weiter zurückliegend, nämlich vor 50 bis 60 Jahren, bestand im alten Hackhauser Schloß - ' te Hackes' - die Wirtschaft 'bim Wetzlersch Kaal'. Hier herrschte zur alljährlichen 'Hackhauser Kirmes' an den Pfingsttagen Hochbetrieb.

Nicht nur Einzelpersonen und Familien zogen schon in aller Morgenfrühe in den Hackhauser Busch, sondern auch Gesangvereine und andere Gesellschaften machten unter Begleitung von Musikkapellen dorthin ihre Ausflüge. Es wurde gesungen und musiziert, und damit kam in echter Volkstümlichkeit und in der freien Natur eine Feststimmung und Unterhaltung auf, die alle Teilnehmer befriedigte.

Die Pfingstausflüge nach Hackhausen erstreckten sich auf beide Festtage. Bei guter Witterung verbrachten die Menschen den ganzen Tag im Walde und hatten sich dafür entsprechend verproviantiert. Dabei war es durchaus nicht selten, daß Pfingstausflügler auch die Nacht vom ersten zum zweiten Pfingsttage im 'Hackhauser Busch' verblieben.

J.G."



 
Febr. 2005
Hackhausen;
im Hintergrund das Schlosstürmchen



20. Jahrhundert

Wiederherstellung des Schlosses nach alten Plänen (1907)

August von Recklinghausen hat das Hackhauser Schloss 1907 "in alter Schönheit" wieder herstellen lassen. Der Architekt P. Schultze-Naumburg berücksichtigte weitgehend die Gebäudeform von 1772. - Nach dem Brand von 1887 war die Brücke nur dreibogig, aber geschlossen aufgebaut worden, also ohne Zugbrücke. [Rosenthal Bd. 1 S. 51]

"Das Wappen derer von Bodlenberg findet man noch an verschiedenen Stellen, sonst ist jedoch nur noch wenig von der alten Herrlichkeit auf uns gekommen. Von der Vorburg ist nur ein Trakt mit breiter Durchfahrt erhalten geblieben. Als besonders schön und wertvoll bezeichnet Clemen in seinen 'Kunstdenkmälern der Rheinprovinz' die getriebenen Rokoko-Ornamente des schmiedeeisernen Geländers der mit drei Bogen über das Wasser führenden Brücke." [Schmidt S. 74]



Hackhausen
1907   Schloss Hackhausen kurz nach dem Neubau. Ansichtskarte, gelaufen 1914
[Slg. Michael Tettinger]
 
Hackhausen
1907   Schloss Hackhausen kurz nach dem Neubau. Ansichtskarte
[Slg. Michael Tettinger]


"Auf Hackhauser Grund sind ferner zwei Landhäuser, Hackhauser Hof und Waldhof Hackhausen, entstanden, die Söhnen des 1917 verstorbenen Kommerzienrats Richard Berg gehören, und die sich aufs schönste in das Landschaftsbild einfügen." [Schmidt S. 74]


Krüdersheide
 
Okt. 2012
Waldhof, Krüdersheide
1911 erbaut von Eugen Berg



Hackhauser Hof

Der Hackhauser Hof gehört heute der der Evangelischen Kirche im Rheinland mit Sitz in Düsseldorf. "Im Jahre 1961 kaufte die evangelische Landeskirche das große Haus am Hackhauser Hof, um hier eine Zentralstelle der weiblichen Jugend zu schaffen. Das freie Werk besteht im Rheinland seit 1908 und wird von der Kirche getragen. Im April 1965 wurde der Neubau eingeweiht". [Solinger Tageblatt vom 29.07.1966]

Weitere Hinweise auf den Gutshof und seine früheren Eigentümer habe ich im Stadtarchiv bisher nicht gefunden.

Heute beherbergt der Hackhauser Hof eine Jugendbildungsstätte, die seit 1968 von dem Verein "Evangelische Jugendbildungsstätte Hackhauser Hof e.V." betrieben wird. Die Evangelische Kirche im Rheinland überließ dem Verein Haus und Gelände sowie zusätzlich finanzielle Mittel, damit dort die Qualifizierung und Förderung von ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendarbeit für die Landeskirche durchgeführt wird. Außerdem wird der Hackhauser Hof als Gästehaus für Gruppen aus der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit genutzt. [Drubel]

"Die Bildungsstätte hat eine lange Tradition. Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 1908 zurück. Damals entstand der "Verein der Evangelischen Weiblichen Jugend im Rheinland", der sich um junge Arbeiterinnen und Hausangestellte kümmerte. Nach 1945 bildete sich eine Gemeindejugend heraus. Mit dem Ziel, die Jugendarbeit in den Ortsgemeinden zu stärken, wurde der Verein "Evangelische Jugendbildungsstätte Hackhauser Hof' gegründet." [Solinger Morgenpost vom 16.07.2005]. Aufwändige Sanierungs- und Umbauarbeiten wurden 2005 abgeschlossen. [Zur Neugestaltung s. Solinger Tageblatt vom 20.07.2005].


Hackhausen
 
Februar 2005
Hackhauser Hof


Quellen:
  • v. Berg / Fülle (1926)
  • Drexler, O.: Hackhausen. In: Stadtverwaltung und Verkehrsverein Ohligs (Hrsg.), S. 33 f
  • Drubel, Stefan, Landespfarrer und Leiter der Ev. Jugendbildungsstätte Hackhauser Hof e.V. (E-Mail 2006)
  • Fricke (1973)
  • Müller, Rolf (1992)
  • Paschke, Geographie des Kreises Solingen (1879), zit. bei Fricke
  • Rheinische Landeszeitung vom 30.05.1941 [Julius Günther]
  • v. Roden, Quellen zur älteren Geschichte von Hilden, Haan und Richrath (1951)
  • Rosenthal: Solingen Bd. 1 (1973); Bd. 2 (1972)
  • Schell (1897)
  • Schell: Historische Wanderungen durchs Bergische Land. MBGV Aug./Sept. 1900 S. 162-167
  • Schmidt, Max (1922) S. 72-74
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 26.04.1887
  • Solinger Morgenpost vom 16.07.2005
  • Solinger Tageblatt vom 29.07.1966
  • Solinger Tageblatt vom 20.07.2005

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