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Krüdersheider Mühle (Viehbach)

Krüdersheide
Um 1920   Krüdersheide
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Lage
Geschichte und Eigentümer
    -   Zuerst Mühle oder Schleifkotten?
    -   Die Ölmühle
    -   Umwandlung in einen Schleifkotten
    -   Der Schleifkotten
Namen

  Hofschaft Krüdersheide



Lage

Die frühere Krüdersheider Mühle, benannt nach der Hofschaft Krüdersheide, liegt am Viehbach dicht an der heutigen Solinger Gemeindegrenze auf dem Gebiet der Stadt Langenfeld / Rheinland. Sie zählte zur früheren Bürgermeisterei Richrath.




Geschichte und Eigentümer

1681 wurde die Ölmühle zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Sie gehörte den jeweiligen Eigentümern des Rittersitzes Hackhausen und wurde an Müller verpachtet. [Stadt Langenfeld S. 6]


"Der Heimatforscher Fritz Hindrichs aus Leichlingen fand im Staatsarchiv Münster einen Bericht über die Aufmessung des Rittersitzes Hackhausen, dabei erwähnte er auch, daß zum Hause Hackhausen ein Hof in Wiescheid bei Landwehr und eine in der Nähe gelegene Ölmühle gehörten.

Die Pachtverträge von Ölmühle und Hof liegen noch vor. Hinrichs berichtet, daß die Verträge im Jahre 1702 auf die Dauer von zwölf Jahren ausgestellt und nach sechs Jahren kündbar waren. Der Pächter der Ölmühle, Heinrich Schmidt, zahlte an Pacht jährlich 25 Reichstaler. Zu seinen Verpflichtungen gehörte es, die Gebäude der Mühle in gutem Zustand zu erhalten und auch kleinere Reparaturen auszuführen, während die Herrschaft die Um- und Neubauten übernahm. Bei Dachreparaturen gab der Eigentümer Späne und Nägel, die der Pächter auf seine Kosten auflegen lassen mußte.

[Die Heimat 1965 Nr. 11 S. 44; zitiert bei Lunkenheimer S. 170]




Zuerst Mühle oder Schleifkotten?

1702 wäre demnach dieses Krüdersheider Wasserbetriebswerk eine Ölmühle gewesen, die zu den Besitzungen der Herren von Schloss Hackhausen gehörte.

1715 ist in der Karte des Amtes Solingen von Ploennies sowie der entsprechenden Karte des Amtes Monheim auf der linken Bachseite das Symbol eines Schleifkottens ohne weitere Bezeichnung eingetragen, lt. Lunkenheimer "zudem noch auf der falschen Bachseite". Es könne sehr gut sein, daß es sich um einen Zeichenfehler von Ploennies handelt. [Lunkenheimer S. 170]

Oder es haben mehrfach Nutzungsänderungen stattgefunden. Brangs und Rosenthal gehen aufgrund der Ploennies-Karte davon aus, dass hier 1715 ein Schleifkotten gestanden hat. [Rosenthal 1. Bd. S. 284] "Später - der Zeitpunkt ist nicht bekannt - trat durch Um- oder Neubau anstelle des Kottens eine Oelmühle." [Brangs 1959]   Fraglich ist, ob Rosenthal (1973) die Erkenntnisse von Hinrichs (1965) bekannt waren. - Rolf Müller schreibt in seiner "Stadtgeschichte Langenfeld":


"Alle vier Langenfelder Wassermühlen sind auf Karten von Ploennies aus dem Jahr 1715 eingezeichnet, und zwar die 'Riethermühl', die 'oberste mühl', direkt bei 'Getsch' gelegen (Götscher Mühle), die 'Schwanenmühle' und eine 'mühl' zwischen 'Heide' und Hackhausen (Krüdersheider Mühle). Die letztgenannte ist im Jahr 1815 erstmals auch als Ölmühle nachweisbar." [Müller 1992 S. 657]


  Auf welcher Karte hat Ploennies zwischen Heide und Hackhausen eine "mühl" eingetragen? Auf der Karte des Amtes Solingen und der Karte des Amtes Monheim finde ich jeweils nur einen Kotten (8).



Krüdersheide
Detail aus der Ploennies-Karte des Amtes Monheim von 1715
9 Schwanenmühle, 8 Krüdersheider Mühle, 7 Hackhauser Mühle
 
Hackhausen
Detail aus der Ploennies-Karte des Amtes Solingen von 1715
8 Krüdersheider Mühle, 7 Hackhauser Mühle, 6 Hasselskotten, 5 Barler Kotten




Die Ölmühle

Anfang des 19. Jh. soll die Krüdersheider Ölmühle durch ein unterschlächtiges Wasserrad angetrieben worden sein. [Lunkenheimer S. 170]

1816 produzierte eine Ölmühle, wahrscheinlich die in Krüdersheide, 1200 Liter Öl, "und 1819 erschien sie in der Gewerbestatistik mit zwei 'Pressen'" [Müller 1992 S. 270]

1824 wird der damals 72jährige Ölmüller Heinrich Gottschalk zu Krüdersheide als Zeuge genannt. [Lunkenheimer S. 170]

1832 berichtete Landrat Georg Frh. von Hauer über die Frucht- und Ölmühlen im Kreis Solingen:


"Die Wassermühlen auf Getreide (Mehl, Grütze und Graupen) arbeiten mit 140 Mahlgängen. Die Mahlmetze [Mahllohn] beträgt gewöhnlich 1/16 pro Scheffel. Selten wird um baaren Lohn gemahlen. 760 Mahlgäste treffen etwa auf jede der sämmtlichen Fruchtmühlen. Die Oelmühlen liefern bei Weitem nicht den Bedarf. [...] Dieses unentbehrliche Bedürfnis muß daher von auswärts bezogen und in den Kramläden für baares Geld angekauft werden." [Hauer S. 69]



1840 wollte der Eigentümer Freiherr von dem Bussche Kessel das unterschlächtige Wasserrad durch ein oberschlächtiges Rad samt den dazugehörigen Umbauten der Wasserzuführung ersetzen lassen, um einen besseren Wirkungsgrad zu erzielen, und hat dies auch getan. Die Bekanntmachung zu dieser Änderung erschien pflichtgemäß im Oeffentlichen Anzeiger, Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf 1840, S. 96 sowie im Solinger Kreis-Intelligenzblatt:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 12. Februar 1840

Bekanntmachung.
Der königliche Kammerherr und Landrath Freiherr von dem Bussche-Kessel zu Rittersitz Hackhausen, beabsichtigt, seine zur Krüdersheide, Bürgermeisterei Richrath gelegene, mit Nro. 19 bezeichnete Oelmühle, im Laufe dieses Jahrs, in eine oberschlägige Mahlmühle ohne Veränderung des Nivellements umschaffen zu lassen.

Diejenigen, welche gegen diese Veränderung begründeten Einspruch machen zu können glauben, werden infolge hoher Gouvernements-Verordnung vom 8. November 1814 hierdurch aufgefordert, binnen der präklusiv Frist von 8 Wochen, solchen bei dem Bauherrn oder hiesiger Stelle vorzubringen.

Langenfeld, den 1. Februar 1840.
Der Bürgermeister Rosellen.



 
Friedrich Wilhelm Julius
Graf von dem Bussche-Ippenburg gen. Kessel
(1805-1861), Landrat


Dieser Umbau ist tatsächlich durchgeführt worden. Dies geht aus einer Anzeige vom 8. März 1845 im Solinger Kreis-Intelligenzblatt hervor.

1841-42 wird Peter Daniel Hammerstein als Müller zu Krüdersheide genannt. Er war 1828 Pächter der Getreidemühle in Hackhausen gewesen.

Im Mai 1845 wird per Anzeige ein neuer Pächter für die Krüdersheider Mühle gesucht:


Elberfelder Kreisblatt. Beilage zur Elberfelder Zeitung vom 31.5.1845, Nr. 64

"Die dem Königlichen Kammerherrn und Landrat, Hrn. Grafen v.d. Bussche Kessel zugehörigen, unweit der Landwehr-Walder Chaussee gelegene Kreudersheider Mühle, mit oberschlägigem Wassergefälle, 2 Mahlgängen, 1 Grautzengang, 1 Oelpresse und Hirselstampe versehen, und einen Flächeninhalt von 13 Morgen 56 Ruthen Gärten, Wiesen und Ackerland enthaltend, soll primo Mai 1846 auf 6 Jahre in Pacht gegeben werden.

Diejenigen, welche dieselben zu pachten geneigt, wollen sich bei dem Unterzeichneten melden, der ihnen über die Liegenheiten, sowie Bedingungen Auskunft ertheilen wird.

Schloß Hackhausen, den 24. Mai 1845
Büren, Verwalter".

[zitiert bei Brangs S. 29]



Für die vier Wassermühlen auf Langenfelder Gebiet gibt Müller in seiner Stadtgeschichte einige Daten aus der Mitte des 19. Jh. wieder. Für die Krüdersheider Mühle sind es diese:


Gewässer:             "alle auf dem sogenannten Viehbach gelegen...
                      und durch das hierin aufgenommene Wasser bedingt..."
Wasserrad:            1 oberschlächtiges Wasserrad, 6 PS, 12 Fuß Gefälle
Anzahl der Mahlgänge: 1 Weizen, 1 Korn, 1 Gerste, Hirse, Öl
Zweck des Triebwerks: "Jedes Werk wird einzeln als Wechselwerk benutzt
                      (Weizen, Korn, Gerste)
                      "Stampfen oder Arbeitsverrichtungen" (Hirse, Öl)
Besitzer:             Graf von dem Bussche
Pächter:              Georg Thiemann
Beschäftigte:         1 Meister, 1 Gehilfe

[Müller 1992 S. 659. Angegebene Quelle: Stadtarchiv Langenfeld]


Um 1870 wird als Pächter der Krüdersheider Mühle der Ackerer und Müller Friedrich Wilhelm Stapperfeld (* 17.07.1840) genannt, verheiratet mit Emma Johanna Krupp (* 04.02.1841).

Am 28.02.1878 zogen als Nächste der Ackerer und Müller Wilhelm Pohlig (* 08.11.1827) und seine Ehefrau Amalie Tillmanns (* 25.05.1829) in die Mühle ein. Nach sieben Jahren verlegten die Pohligs am 30.4.1885 ihren Wohnsitz nach Schlebusch. [Die Heimat 1959 Nr. 3 S. 12; Bauermann, Otto: Krüdersheider Mühle. In: Die Heimat 1959 Nr. 3, S. 11/12.Beide zitiert bei Lunkenheimer S. 170 f]




Umwandlung in einen Schleifkotten

"Um diese Zeit wird wohl die Ölmühle stillgelegt und in einen Schleifkotten umgebaut worden sein. Wir wissen, daß derartige Umbauten an Wassertriebwerken aus mancherlei Gründen recht häufig waren. Nach mündlicher Überlieferung von Gräfin Carmen und Franz Obermeier, Krüdersheide, wurde auch diese Ölmühle vor dem Jahre 1898 wahrscheinlich durch den damaligen Eigentümer Eugen Berg in einen Schleifkotten umgebaut." [Lunkenheimer S. 171]

"Diese ... Mühle war eine Öl- und Fruchtmühle bis 1885. Danach baute der damalige Besitzer die Mühle in einen Schleifkotten um. Acht bis zehn Schleifplätze wurden eingerichtet und einzeln verpachtet." [Stadt Langenfeld S. 6 f]

Lt. Müller wurde die Umwandlung in einen Schleifkotten erst um 1900 aktenkundig:

"Die Jahrhundertwende brachte in der Langenfelder Mühlengeschichte einige bemerkenswerte Änderungen, nämlich ... die im Februar 1901 erstmals aktenkundig gewordene Umwandlung der bisher ganz landwirtschaftlich orientierten Krüdersheider Mühle in eine Schleiferei mit Wasserradantrieb".
[Müller 1992 S. 660]




Der Schleifkotten

Das oberschlächtige hölzerne Wasserrad hatte einen Durchmesser von 3 m und eine Breite von 0,80 m. Reparaturen am Wasserrad führte der in Landwehr wohnende Mühlenbauer Fußholz aus. Es fanden sich auch genügend Schleifer, die in dem neuen Schleifkotten einen Platz pachteten. Im Arbeitsraum war Platz für 8 bis 10 Schleifer vorhanden. [Lunkenheimer S. 171]

Einer der ersten Scherenschleifer dieses Kottens war Theodor Schmitz aus Küppersteg (* 24.09.1872). Er gründete in dem angebauten alten Wohnhaus dieses ehemaligen Mühlengebäudes seinen Hausstand.

Ehemals bei der Eisenbahn beschäftigt, wurde er nach Ohligs versetzt und schloß am 24.03.1898, kurz vor seiner Hochzeit, einen Ehevertrag mit Johanne Gertrud Oberholz, in dem er als Scherenschleifer zu Krüdersheide, Gemeinde Wiescheid, bezeichnet wird. Seine Braut Johanne Gertrud (* 25.06.1877 in Hilden) war die Tochter der Eheleute August Oberholz aus Hilden-Meide und Anna geb. Heine. [Lunkenheimer S. 171]

Bis 1911 arbeiteten selbstständige Schleifer in der ehemaligen Krüdersheider Mühle. Dann war der Wasserkotten als Arbeitsstätte nicht mehr so begehrt: Die Elektrizität machte der Wasserkraft Konkurrenz. "Die selbständigen Schleifer suchten sich bessere Arbeitsplätze mit immer gleichbleibender Antriebskraft im Sommer wie im Winter." [Lunkenheimer S. 171]

Da jetzt weniger Schleifer hier arbeiteten, konnte der Innenraum geteilt werden. "Da jetzt nur noch wenige Schleifer den nicht ganz ausgenutzten Kotten benötigten, wurde der Schleifraum abgeteilt und eine Dynamomaschine aufgestellt, die ihren Antrieb vom Wasserrad erhielt." Diese Dynamomaschine lieferte den elektrischen Strom für die 1911 erbaute Villa Berg in Krüdersheide. [Lunkenheimer S. 171]



Krüdersheide
 
1998
Der "Waldhof" in Krüdersheide,
1911 erbaut von Eugen Berg


Auch im Wohnhaus Nr. 15 der Eheleute Schmitz durfte gegen Verrechnung eine Lampe angeschlossen werden, weil Mieter Schmitz die Dynamomaschine pflegte

1925 heiratete Frieda Schmitz, eine Tochter der Eheleute Theodor Schmitz, den Modellschlosser Franz Obermeier (* 1901), der zuletzt das Haus Nr. 15 bewohnte. 1990 wurde es restauriert und umgebaut. [Lunkenheimer S. 171]

Erst 1939 wurden der Schleifkotten und alle Häuser der Krüdersheide an das Stromnetz angeschlossen.

Der Wassersammelteich für den Kotten wurde nach dem Krieg zugeschüttet.

Bis 1965 wurden im Kotten "alle Sorten Scheren" geschliffen. Die letzten Schleifer waren die Brüder Karl und Hugo Baus und Karl Casper, der dort bis zuletzt kleine Stickscheren geschliffen hat. Das ganze Anwesen mit zwei noch erhaltenen alten Mahlsteinen der ehemaligen Mühle gehörte 1990 der Erbengemeinschaft Berg. [Lunkenheimer S. 171]




Namen

1702   Heinrich Schmidt
1824   Heinrich Gottschalk
1840   Freiherr von dem Bussche Kessel (Eigentümer)
1841/42   Peter Daniel Hammerstein
Mitte 19. Jh.   Georg Thiemann
1870   Friedrich Wilhelm Stapperfeld
1878   Eheleute Wilhelm Pohlig und Amalie Tillmanns
vor 1898   Eugen Berg (Eigentümer)
1898   Theodor Schmitz
1925   Eheleute Franz Obermeier und Frieda Schmitz
bis 1965   Karl und Hugo Baus und Karl Casper
1990   Erbengemeinschaft Berg (Eigentümer)


Quellen:
  • Brangs: Die Krüdersheider Mühle. Erst ein Kotten, dann Oelmühle. Die Heimat 08/1959 S. 32
  • Brangs, Erläuterungen, S. 29
  • Hauer (1832) S. 69
  • Lunkenheimer (1990) S. 170 f
  • Müller, Rolf (1992)
  • Rosenthal Bd. 1 (1973), Bd. 2 (1972)
  • Stadtarchiv Solingen 0-4 Kotten
  • Stadt Langenfeld (1995)

Bei Lunkenheimer und Brangs zitierte Quellen:
  • Bauermann, Otto: Krüdersheider Mühle. Die Heimat 03/1959, S. 11/12
  • Die Heimat 11/1965 S. 44
  • Elberfelder Kreisblatt. Beilage zur Elberfelder Zeitung vom 31.5.1845, Nr. 64 (zit. bei Brangs)
  • Hindrichs, Fritz
  • Oeffentlicher Anzeiger, Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf 1840 S. 96
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 12.02.1840


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