Pferde-Alltag in alter Zeit
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Inhaltsübersicht Gütertransport Lieferwagen und Transportkarren


Wenn Händler, Handwerker oder Gewerbetreibende, Bäcker oder Bauern etwas auszuliefern hatte, bedienten sie sich zweckmäßigerweise des Pferdewagens: Mal war es der eigene Geschäftswagen, mal ein Mietfuhrwerk, mal werbewirksam ausgestattet, mal ein Provisorium. Hier sind ein paar bildliche Beispiele aus der Zeit, als das Pferd der "Motor" beim Gütertransport auf der Straße und ein ganz alltäglilcher Anblick war, sei es beim Transport von Baumaterial über weite Strecken oder bei der Lieferung von Milch und Backwaren von Haus zu Haus innerhalb der Ortschaften.


 
Um 1635
Der Rhein bei Wiesdorf.
Detail eines Kupferstichs
von Wenzel Hollar

Als in Solingen wie überhaupt im Bergischen Land das Bauholz knapp gewordene war, musste es über die Rheinhäfen bezogen werden, die in der frühen Neuzeit zu den wichtigsten Umschlagplätzen für den Import dieser Güter geworden waren. Das Holz wurde per Schiff bis Hitdorf (Leverkusen) versandt und ab hier auf Pferdekarren bis in das Amt Solingen transportiert.


 
Siegburg, Fähre vor dem Michaelsberg.
Detail einer Darstellung um 1860

So überquerten Fuhrwerke den Rhein.
Die Pferde blieben angeschirrt.


16. Mai 2009

Dass es geht, bewiesen diese beiden Brandenburger "Titanen"-Kaltblüter, die mit der Rheinfähre von Köln-Langel nach Leverkusen-Hitdorf übersetzten. Wegen des allzu glatten Metallbodens der Fähren tragen sie Schoner (Schuhe) mit Gummisohlen.

  Titanen on Tour
 

Die anderen absolvierten die Überfahrt sicherheitshalber im Hänger.  



 
Mitte/Ende 19. Jh.
Solingen
Firma Peter Hendrichs & Grah
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Das Pferdchen wartet mit seinem Transportwagen vor dem Packhaus der Solinger Schneidwaren-Firma Peter Hendrichs & Grah, etwa Mitte / Ende des 19. Jh. Die scharf geschliffene Solinger Handelsware wurde damals teils in Körben, teils in Fässern versandt. Vorn rechts im Bild macht sich eine Lieferfrau mit ihrer Liefermang auf den Weg zurück zum Kotten. Auch Hundekarren wurden zum Transport der Schneidwaren zu und von den Schleifer- und Reiderwerkstätten eingesetzt.



Natürlich kam es auch damals auf den Straßen zu gefährliche Zwischenfällen, aber anders als bei einem PS hätte der mutige Schutzman bei einem führerlos gewordenen motorisierten Lieferwagen wohl nicht viel ausrichten können:

General-Anzeiger vom 20. April 1899

"Eine muthige That vollführte gestern der Schutzmann Butz. In der oberen Oststraße ging ein Pferd mit einem Metzgerwagen durch und rannte nach der Wichlinghauserstraße zu. Da dort viele Kinder spielten und diese in die größte Gefahr geriethen, fiel Butz unter eigener Lebensgefahr dem Pferde in die Zügel und es gelang ihm auch glücklich, das Thier in unmittelbarer Nähe der Kinder zum Stehen zu bringen. Dem Schutzmann gebührt für seine That volle Anerkennung."



 
Vermutl. um 1900, Solingen
Kohlenfuhrwerk
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Wann dieses schwere Kohlenfuhrwerk mit den mächtigen Kaltblütern und seiner Ladung Ruhr-Briketts und Ruhr-Brechkoks ("ergiebig, sparsam") auf den Solinger Straßen mit seinen vielen Steigungen und Gefällstrecken unterwegs war, ist auf der Aufnahme nicht vermerkt. Sie dürfte um 1900 entstanden sein. Mit solchen Fuhrwerken wurden auch die Privathaushalte beliefert. Die oben offenen Lederkragen, Kumt oder Hamen genannt, wurden bei schweren Arbeitsgeschirren verwendet.


Bäckerwagen
 
Höhscheid (Solingen)
Der Wagen der Bäckerei Albert Becker in Solingen-Höhscheid an der Bergerstraße/am Denkmal. Eine Jahreszahl ist nicht angegeben. Das Haus steht nicht mehr.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen


 
Vor 1911,
Langerfeld (Wuppertal)
Eiswagen
Abb. bei Voigt (1985)

Der mit zwei Warmblütern bespannte Eiswagen aus dem "Barmer Eiswerk" wurde an der Einmündung der Langerfelder Flexstraße fotografiert. Er lieferte Stangeneis an die Besitzer von Eisschränken. Die Kinder interessierten sich im Sommer ganz besonders für diesen Wagen: Auf Bitten hackte der Kutscher auch mal ein kleines Stück für sie ab.


 
Vor 1914
Auslieferungsfahrzeug
der Fa. Gebr. Hillers, Solingen
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Vor dem Ersten Weltkrieg lieferte die "Chocoladen- und Zuckerwaren-Fabrik" der Gebrüder Hillers in Gräfrath (Solingen) am Flachsberg (heute Wuppertaler Straße) ihre süße Fracht, nämlich Dampf-Chocoladen und Cacao-Dragees, mit einem Pferdewagen aus. Inhaber der Firma waren Wilhelm und Albert Hillers. Ihre Pfefferminzbonbons machten sie weit über Solingen hinaus in ganz Deutschland bekannt.

Das Foto wurde am Wiedener Häuschen bei Vohwinkel-Tesche aufgenommen. Der Fuhrmann war Christian Theis aus Gräfrath mit seinem vollbepackten Lieferwagen, mit dem er eine Woche lang im Essener Bezirk unterwegs war. Bis hierher erfolgte der Transport vierspännig; Sohn Willi des Landwirts Schlechtendahl führte die beiden vorgespannten Schimmel und kehrte nach Erreichen des Wiedener Häuschens wieder nach Hause zurück. [Stadtarchiv Solingen]


 
Um 1920, Solingen
Mit diesem Gespann belieferte Anna Lücker geb. Morsbach aus Höhscheid ihre Kunden mit eingelegten Heringen.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen



 
1921, Solingen
Paul Kemmann mit seinem Milchlieferwagen.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen


 
1930er Jahre, Solingen
"Zwei alte Kriegskameraden, genannt: Solicher Hackselböitel Emil Weyer".
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Hier präsentiert sich der Fuhrunternehmer Emil Weyer mit seinem Schimmel dem Fotografen. Sein Pferd war mit ihm heil aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekommen, und beide waren bis in die 1930er Jahre eine wohlbekannte Erscheinung auf Solingens Straßen. Das Foto mit der zweckentfremdeten Kutsche entstand in Gräfrath an der Ecke Walder / Wuppertaler Straße.



 
Um 1936, Solingen

Der Milchliefer- und Verkaufswagen von August Wimmershoff aus der Eschbachstraße (heute Bausmühlenstraße) ist werbewirksam bespannt mit einem farblich passenden Warmblüter in leichter Kummetanspannung. Der stolze Kutscher ist Jakob Kühn.

Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen



 
1936, Wuppertal

Bäckerwagen wie dieser in Langerfeld (Wuppertal-Barmen) waren noch in den 1930er Jahren unterwegs. Bei solchen relativ geringen Lasten genügten Brustblattgeschirre.

Abb. bei Voigt (1996)


 
1958, Solingen

Das gepflegte Kaltblut-Gespann von Franz Kruttwig in der Opferfelder Straße in Solingen-Wald.

Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Ferdinand Kruttwig mit seinen Gespannen Gesellschaftsfahrten durchgeführt. Danach wurden die Fuhrwerke für praktischere Zwecke benötigt und beförderten noch in den 1950er Jahren statt fröhlicher Gesellschaften schwere Lasten.




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