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Kleine "Familienschätzchen" und -Erinnerungen

Münzen und Medaillen

Bisher fristeten die von väterlicher und mütterlicher Seite ererbten Medaillen und Ehrenzeichen ein ungestörtes Dasein in einer geschnitzten antiken Holzschatulle und kamen in der Familienforschung noch gar nicht vor. Vielleicht, weil ich sie mit so unangenehmen Dingen wie Kriegen und Schlachtfeldern assoziiert habe - was aber nur teilweise zutrifft. Womöglich wäre mir als Schülerin das staubtrockene Memorieren von Geschichtsdaten weniger sinnlos erschienen, wenn mir damals die Herkunft unserer metallenen Erinnerungsstücke bewusst gewesen wäre.

Unabhängig von allen mehr oder weniger dramatischen Hintergründen sind Orden, Medaillen und Münzen beliebte Sammelobjekte, und den entsprechenden Sammler-Foren im WWW verdanke ich einige aufschlussreiche Informationen.


1/2 Mark, 1916
Aus dem deutschen Kaiserreich zur Zeit Wilhelms II. ist nur eine einzige kleine Münze (Durchmesser 20 mm) erhalten geblieben, ein schnödes Alltags-Zahlungsmittel.


Silbertaler, 1798
Dieser Silbertaler hat einen Durchmesser von ca. 33 mm. Er trägt auf der einen Seite die Umschrift "FRANCISCVS.II.D.G.R.IMP.S.A.GERM.HV.BO.REX.", d.h.: "Franz II, von Gottes Gnaden römischer Kaiser, allzeit Mehrer des Reiches, König von Deutschland, Böhmen und Ungarn". Abgebildet ist ein stilisiertes Portrait von Franz II. (1768-1835), Herrscher der habsburgischen Erblande und 1792-1806 letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Der Buchstabe A verweist auf Wien als Prägeort.

Auf der anderen Seite der Münze lese ich: "LOTH.M.D.HE.T.1798.X - ARCH.AVST.D.BVRG." D.h.:
ARCH.(IDVX) AVST.(RIAE) D.(UX) BVRG.(UNDIAE) LOTH.(ARINGIAE) M.(AGNUS) D.(VX) HET.(RVRIAE). Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund (und) Lothringen, Grossherzog von Toskana.
Die detailreiche Abbildung zeigt einen Doppel-Adler mit Krone. Er hält Schwert und Zepter in der rechten und den Reichsapfel in der linken Klaue und trägt mehrere Wappen auf der Brust, bedeckt mit zwei Kronen.

Das X hinter der Jahreszahl bedeutet nach kundiger Auskunft, dass die Münze nach dem Konventionsfuß*) geprägt ist ("eine feine Mark").


Mein Konventionstaler stammt von meinen Goslarer Vorfahren und wurde als "Goslarer Silbertaler" über mehrere Generationen in unserer Familie weitergegeben. Irgendwann im 19. Jh. ist das dekorative Stück zu einer Brosche und später zu einem Anhänger umgearbeitet worden. Die mit-überlieferte Legende, er sei aus Silber des Goslarer Silberbergwerks gefertigt worden, hat sich als unwahr herausgestellt. So kann's gehen mit Legenden, wenn man versucht, ihnen auf den Grund zu gehen, und es ist auch nicht weiter schlimm.
_________________________

*) Münzfuß, Festlegung v. Bezeichn., Edelmetallgehalt, Gewicht d. Münzen.
Münzkonvention, zwischenstaatl. Vereinbarung über Angleichung des Münzwesens versch. Staaten. [Beckmann]

"Der Konventionsfuß entstand infolge einer 1753 zwischen Bayern und Österreich abgeschlossenen Münzkonvention. Bis 1763 traten dieser Konvention auch der bayrische, schwäbische, ober- und niederrheinische Kreis sowie der Kurfürst und die Herzöge von Sachsen bei. Der Konventionsfuß legte fest, daß aus der feinen Kölner Mark 10 Taler mit je 23,386 g Feinsilber ausgeprägt werden sollten. Die nach dem Konventionsfuß geschlagenen Münzen nannte man entsprechend Konventionsmünzen, die Taler Konventionstaler." [Numispedia]


Medaille "Schlacht von Königgrätz", 1866
Diese kreuzförmige Medaille trägt die Aufschrift:
"PREUSSENS SIEGREICHEM HEERE
GOTT WAR MIT UNS IHM SEI DIE EHRE".
Auf der anderen Seite sitzt der gekrönte Reichsadler mit ausgebreiteten Flügeln, umgeben von der Aufschrift: "KÖNIGGRÄTZ DEN 3 JULI 1866".

Bei Königgrätz in Böhmen hatte am 3. Juli 1866 im Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich die kriegsentscheidende Schlacht stattgefunden. Mit Österreich hatten 12 deutsche Staaten gekämpft, darunter die Königreiche Bayern, Hannover, Sachsen und Württemberg sowie die Großherzogtümer Baden, Hessen, Darmstadt und Kurhessen (Kassel).

Mit Preußen kämpften die norddeutschen Klein- und Mittelstaaten sowie das Königreich Italien. Die Schlacht bei Königgrätz war eine der blutigsten des 19. Jh. Von 400 000 - 500 000 Soldaten starb fast ein Viertel. In der Folge dieser Schlacht (unter Generalstabschef von Moltke) wurde Preußen Führungsmacht in Deutschland.

Diese Medaille wurde meinem Haaner Urgroßvater Gottlieb Mutz (1839-1912) verliehen: Er hat in der Schlacht von Königgrätz auf der siegreichen preußischen Seite gekämpft.
Schlacht bei Königgrätz.
Gemälde von Georg Bleibtreu (1828-1892)


Medaille "Deutsch-französischer Krieg 1870/1871"
Die Medaille trägt im Kreuz mit Lorbeerkranz die Aufschrift: "1870/1871"
und auf der anderen Seite unter dem gekrönten "W" für Kaiser Wilhelm I.:
"Dem siegreichen Heere" sowie die Umschrift:
"Gott war mit uns Ihm sei die Ehre."
Auf dem Rand ist zu lesen: "AUS EROBERTEM GESCHÜTZ".
Zur Herstellung dieser Medaille "für Kämpfer" ist Geschützbronze aus französischen Kanonen verwendet worden.


Diese Medaille, etwas vom Zahn der Zeit benagt, wurde meinem Braunschweiger Urgroßvater Heinrich Lübbecke in Anerkennung seiner pflichtgetreuen Teilnahme an dem siegreichen Feldzug 1870-1871 auf Befehl seiner Majestät des Kaisers und Königs übergeben. Heinrich Lübbeckes jüngster Sohn Willi wurde im Ersten Weltkrieg tödlich verletzt.
Schlacht von Mars-la-Tour am 16. August 1870.
Zeitgenössische Darstellung


Gedenkmedaille "Kriegerehrenmal Haan 1887"
Am 02.09.1887 fand in dem Dorf Haan / Rheinland in den Grünanlagen der Kaiserstraße die feierliche Einweihung eines repräsentativen Denkmals zu Ehren der in den vorhergehenden Kriegen (1813-1815, 1864, 1866 und 1870-1871) gefallenen Soldaten der Bürgermeisterei Haan statt. Zur Feier des Tages wurde eine Gedenkmedaille herausgegeben.

Die quadratische bronzene Medaille hat eine Kantenlänge von 27 mm.
Um das Portrait von Kaiser Friedrich III. herum trägt sie die Umschrift: "MIT GOTT FÜR KAISER UND REICH". Auf der anderen Seite ist das Haaner Ehrenmal abgebildet mit dem Text: "DEN GEFALLENEN KRIEGERN D. BÜRGERMEISTEREI HAAN 2. SEPT 1887"

Diese Gedenkmedaille gehörte meinem Urgroßvater Gottlieb Mutz.

  Mehr über das Kriegerehrenmal in Haan
Kriegerehrenmal an der Kaiserstraße.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan


Gedenkmedaille, um 1888
Der Durchmesser der Medaille beträgt ca. 28 mm.
Die Umschrift lautet: "WILHELM II. AUGUSTA VICTORIA . KAISER & KAISERIN",
und auf der anderen Seite: KAISER FRIEDRICH & KAISER WILHELM. GRÜNDER des REICHES.
Auf beiden Seiten sind die jeweiligen Portraits im Profil abgebildet - Motive, die sich mit leichten Variationen auf vielen ähnlichen Medaillen dieser Zeit wiederfinden.

Die Abbildungen deuten auf das "Dreikaiserjahr" 1888 als (frühestes) Herausgabejahr:
Wilhelm I. war am 09.02.1888 verstorben. Ihm folgte sein schwer kranker Sohn Friedrich Wilhelm (Friedrich III.), der nach 99 Tagen Regentschaft am 15.06.1888 starb. Am selben Tag wurde sein ältester Sohn Friedrich Wilhelm (Wilhelm II.) deutscher Kaiser und König von Preußen.

Wilhelm II. (1859-1941) hatte 1881 in erster Ehe Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg geheiratet. Er muss viel unterwegs gewesen sein (z.B. anno 1900 in Barmen und Elberfeld); das Volk jubelte, kaufte die passenden Erinnerungs-Postkarten und machte sich seinen Reim darauf: "Wilhelm I. - der greise Kaiser, Friedrich III. - der weise Kaiser und Wilhelm II. - der Reisekaiser."

Dies ist ein weiteres bronzenes Erinnerungsstück meines anscheinend kaisertreuen Urgroßvaters Heinrich Lübbecke.


Preußische Centenar-Medaille, 1897
Diese Medaille hat einen Durchmesser von 40 mm und trägt die Aufschrift:
"WILHELM DER GROSSE DEUTSCHER KAISER KOENIG VON PREUSSEN"

Auf der Rückseite sind Kaiserkrone, Reichsapfel und Lorbeerranke abgebildet mit dem Text:
"ZUM ANDENKEN AN DEN HUNDERTSTEN GEBURTSTAG DES GROSSEN DEUTSCHEN KAISERS WILHELM I. 1798 - 22. MAERZ - 1897"

Bekanntlich hat es um diese Zeit zahlreiche posthume Ehrungen für den sehr populären Kaiser Wilhelm I. gegeben, darunter viele repräsentative Denkmäler und Benennungen bedeutender Bauwerke - z.B. die neue "Kaiser-Wilhelm-Brücke" zwischen Solingen (Müngsten) und Remscheid.


Die massiv wirkende, goldig schimmernde Medaille erhielt 1897 Heinrich Lübbecke anlässlich des 100. Geburtstags von Kaiser Wilhelm I. Sie soll - am gelben Band - an alle 1897 dienenden Armeeangehörigen und die noch lebenden Veteranen der Kriege von 1848, 1864, 1866 und 1870/71 sowie an Beamte vergeben und im Volksmund auch als "Zitronenorden" bezeichnet worden sein.



Bronze

Diese Metall-Legierung besteht im Wesentlichen aus 70-95% Kupfer und 5-30% Zinn. Je höher der Anteil von Kupfer, desto rötlicher die Färbung und desto geschmeidiger das Produkt. Durch die Veränderung des Mischungsverhältnisses und durch kleine Beigaben anderer Materialen lassen sich die Eigenschaften von Bronze verändern. Geschützbronze enthält 91-88% Kupfer und 12-9% Zinn, um eine hohe Festigkeit mit geringer Sprödigkeit zu verbinden. Münz- und Medaillenbronze besteht i.d.R. aus 95% Kupfer, 4% Zinn und 1% Zink.



Ostmedaille 1941/42
Die mattgraue Medaille von ca. 3,6 cm Durchmesser zeigt auf der einen Seite reliefartig das Abbild des Hoheitsadlers mit einem Hakenkreuz in den Klauen. Die andere Seite trägt die Aufschrift "WINTERSCHLACHT IM OSTEN 1941/42", darunter liegt ein Schwert, gekreuzt mit einem Lorbeerzweig; über allem die Kriegs-Requisiten: Stahlhelm und Stielhandgranate.

Die Medaille wurde vom "Führer" als Auszeichnung gemäß Verordnung vom 26. Mai 1942 "in Würdigung des heldenhaften Einsatzes gegen den bolschewistischen Feind" gestiftet und an Soldaten verliehen, die im Zeitraum 15.11.1941 bis 15.04.1942 im ersten Winterfeldzug an der russischen Front gekämpft hatten. Die Verleihung war an weitere Voraussetzungen geknüpft, der Verleihungszeitraum wurde später erweitert. Die Verordnung sah vor, dass die Ostmedaille nach Ableben des Beliehenen als Erinnerungsstück bei den Hinterbliebenen verbleiben sollte.

  Winterschlacht 1941/1942

Die Medaille "WINTERSCHLACHT IM OSTEN 1941/42" ist posthum dem Obergefreiten Ernst Mutz verliehen worden, der 1944 in Polen gefallen ist.

   Letzte Lebenszeichen eines Toten

Soldatengräber 1941


Quellen:
  • Appel, Joseph: Münzen und Medaillen der deutschen Kaiser und Churfürsten, wie auch des Oesterreichischen Kaiserthums aus dem Mittelalter und der neuern Zeit (1822)
  • Beckmann (1959)
  • Chronik der Deutschen S. 583 f
  • Webseite: "http://www.auszeichnungs-online.de/Seite2.htm" am 27.12.2007
  • Webseite: "http://www.numismatikforum.de" am 27. und 28.12.2007
  • Webseite: "http://www.numispedia.de/Konventionsfu%DF" am 11.01.2008
  • Webseite: "http://www.ordenskunde.info/index.htm" am 31.12.2007

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