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Alte und ehemalige Schulen und Schulgebäude in Solingen



Über die Heck- und Winkelschulen, Privatschulen,
Honschaftsschulen, Hofschulen, Hofschaftsschulen
und Interessenten-Schulen

Die Sorge um die geistige Erziehung und Schulung der Kinder war bis etwa Mitte des 19. Jh. eine private Angelegenheit der Familien. Es gab wenige Pfarrschulen, aber noch kein durchorganisiertes Schulsystem. Dafür existierten in einigen Solinger Bezirken sog. Hofschaftsschulen (weitere Bezeichnungen enthält die Überschrift), die freiwillig besucht werden konnten.

Wie in allen größeren Pfarreien ging die Errichtung der Schulen außerhalb des Pfarrbezirks, auch im Solinger Kirchspiel, auf die Initiative einiger Einwohnern zurück, die sich zusammenschlossen, ein Schullokal organisierten und bezahlten und einen Lehrer auf ihre Kosten einstellten. Die "Unterhaltsträger" waren private Schulverbände, die sog. Schulinteressenten.

Die Schulordnung von 1729 gewährte den Honnschaftsschulen noch weitgehende Selbstverwaltung. Die Schulinteressenten wählten ihre Lehrer selbst ohne geistliche oder konsistoriale Mitwirkung und hatten ihre eigenen Scholarchen. Die kirchlichen Armenpfleger (Provisoren) zahlten den Lehrern die Unterstützungsleistungen für arme Kinder aus. Diese Kinder besuchten die Schule gewöhnlich nur ein Jahr, um notdürftig Lesen und Schreiben zu lernen.

"Man mietete für den Unterricht ein Zimmer in einem Hause an der Erde, oder auf einem Söller, oder auch, wenn es möglich war, ein ganzes Haus, in welchem der Lehrer zu gleicher Zeit wohnen konnte. Es war aber gewöhnlich nicht leicht, eine passende Oertlichkeit zu finden. Wenn aber auch eine solche zu haben war, mußte man sie nach längerer oder kürzerer Zeit wieder verlassen, wenn dem Eigentümer eine anderweitige Benutzung erwünscht erschien. Fand sich nun in dem Ort keine andere passende Stelle, so mußte die Schule oft an einen mehr oder weniger entfernten Platz umziehen; mitunter war man in einem ackerbautreibenden Bezirk froh, die Stube in einem anderthalb Stock hohen Backhause als Schulzimmer benutzen zu können. [...] Es war also ein ewiges und umständliches Umziehen" [Ohligschläger]

Diese Heck- oder Winkelschulen waren oft besser als ihr Ruf. Meist waren Personen mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten als Lehrer tätig, wegen der mehr als bescheidenen Einkommenssituation häufig nur nebenberuflich. Festangestellte, festbesoldete und ausgebildete Lehrer gab es noch nicht, und so unterrichteten zuweilen auch Handwerker nach bestem Wissen und Können im Buchstabieren, Lesen, Schreiben und Rechnen.

Die Eltern mussten an die Lehrkräfte für jedes Kind einen bestimmter Betrag als Schulgeld zahlen. Die Beträge schwankten von Schule zu Schule. Ohligschläger nennt für die Zeit um 1813-1815 pro Kind einen monatlichen Betrag von etwa 4 Groschen. In den zu einzelnen Schulen zitierten Artikeln werden unterschiedliche Zahlen genannt.

Diese Mittel aufzubringen fiel manchem Elternpaar sehr schwer. Daher konnten viele Kinder ärmerer Bevölkerungsschichten am Schulunterricht nicht teilnehmen. Kein Wunder also, dass noch auf manchem Dokument aus dem 19. Jh. anstelle der Unterschrift der Vermerk "des Schreibens unerfahren" zu finden ist. Auch klagten die Lehrer des öfteren darüber, dass das Schulgeld "sehr schwer hereinkam".

  Die Gebrüder Abraham und Engelbert Evertsen, "Schul- und Kirchenfreunde" aus Gemarke (Barmen) setzten als Sponsoren zur Aufbesserung der Lehrergehälter für viele bergische reformierte Kirchspielsschulen Legate [= Vermächtnis] aus unter der Bedingung, dass die Schulen sich unter die Aufsicht ihrer zuständigen Konsistorien stellten.

Zuschüsse des Staates oder der Kirche zu den Hofschaftsschulen wurden weder gewährt noch waren sie in jedem Fall erwünscht, da sich die Schulinteressenten in Schulangelegenheiten nur ungern Vorschriften machen lassen wollten. Dies zeigte sich z.B., als 1785 Johann Engelbert Evertsen aus Barmen (Gemarke) sieben Hofschulen des Kirchspiels Solingen ein Kapital von jeweils 250 Talern schenkte. Dessen Zinsen sollten den jeweiligen Lehrer zugutekommen, um Waisenkindern und Kindern unvermögender Eltern den nötigen Unterricht zu erteilen.

Als Gegenleistung sollten sich die Schulen einem Synodalbeschluss fügen, der ein engeres Verhältnis von Schule und Kirchengemeinde bewirken sollte:

1. Die Schule musste sich der Obhut (Aufsicht) des Konsistoriums (heute Presbyterium) der Kirchengemeinde unterstellen, das auch die Wahl der Lehrer leiten sollte.

2. Von den jährlichen Zinsen sollte das Schulgeld für die Bedürftigen und Waisen bezahlt, notwendige Lernmittel gekauft und das Gehalt des Lehrers vermehrt werden.

3. Schuldiener (Lehrer) und Scholarchen (Schulpfleger im Konsistorium) mussten sich verpflichten, die Kinder zum Schulbesuch anzuhalten.

Sechs Schulen akzeptierten die Bedingungen, Hingenberg aber nahm das Geschenk zunächst nicht an. Bei einer späteren Gelegenheit gab allerdings auch Hingenberg klein bei.

Die Gebrüder Evertsen aus Barmen begründeten zahlreiche Schulstiftungen im Bergischen Land. Der großzügige Sponsor Johannes Engelbert Evertsen (1722-1807), ein Freund des Pietisten Gerhard Tersteegen, hat durch seine Schenkungen für die urkundliche Nennung von immerhin 21 Hofschafts- oder Winkelschulen in den Jahren 1785, 1787 und 1788 gesorgt, von denen man sonst vielleicht heute gar nichts mehr wüsste. Evertsen stiftete

  • am 18.01.1785   für die fünf Schulen zur Hecken, Heiligenstock, Ketzberg, Nümmen und Wald insgesamt 1.250 Rthlr.,

  • am 30.08.1785   für die sieben Schulen Brühl, Hästen, Hingenberg Schrodtberg, Jacobshäuschen, zur Kapelle (St. Reinoldi), Meigen und Widdert 1.750 Rthlr.

  • 1787   für die drei Schulen auf dem Holz, Merscheid und Weyer 750 Rthlr.

  • am 03.03.1788   für die sechs Schulen Dorp, Clauberg, Hingenberg, Katernberg, Kohlsberg und Pilghausen ein Kapital von 1.500 Rthlr.

Auch die lutherische Schule in Burg erhielt private Unterstützung. Am 2. Mai 1793 spendeten die Eheleute Heinrich Schürmann und Anna Katharina Moll ein Kapital von 300 Talern für den Unterricht armer Schulkinder.


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Kriegsschäden an Schulgebäuden
und Wiederaufbau 1945-1956

1945 waren von 57 Schulgebäuden im Solinger Stadtgebiet 12 vollständig zerstört, 8 schwer und 5 mittelschwer, 18 waren leicht beschädigt. 5 Schulgebäude wurden ganz und 7 teilweise zweckentfremdet genutzt.

Besonders gravierend waren die Kriegsschäden bei den Volksschulen.
Vollständig zerstört wurden folgende 8 Volksschulgebäude:
-  Augustastraße,
-  Blumenstraße,
-  Dorperhof,
-  Elsa-Brändström-Straße,
-  Sedanstraße,
-  Siegesstraße (heute Adolf-Kolping-Straße),
-  Stockdum und
-  die Hilfsschule Dorper Straße.

Auch die Berufsschulen verloren zwei Gebäude.

Das Gymnasium Schwertstraße und das Lyzeum Ohligs waren ebenfalls Ruinen. Diese Schulsystemen wurden vorübergehend in der weniger stark beschädigten staatlichen August-Dicke-Schule in der Schützenstraße untergebracht sowie im Humboldtgymnasium in Weyer, wo relativ wenige Einbußen an Unterrichtsraum zu beklagen waren.

Schwer beschädigt waren
-  die Volksschulen
   -  Eintrachtstraße,
   -  Kannenhof,
   -  Kreuzweg,
   -  Wahnenkamp
-  sowie die Berufsschulgebäude
   -  Burgstraße,
   -  Friedrichstraße und
   -  Scheidter Straße.

Einige der halbwegs erhalten gebliebenen Schulgebäude dienten 1945-46 der Unterbringung von Fremdarbeitern und ehemaligen Kriegsgefangenen. Bis dahin erhalten gebliebene Einrichtungsgegenstände, Lehrmittelsammlungen und Büchereien überdauerten diese Zeit nicht.

Das Schulwesen hatte für die Stadt Solingen nach Kriegsende höchste Priorität. Im Sommer 1945 waren die leicht bis mittelschwer beschädigten Schulgebäude soweit wiederhergerichtet, dass Solingen als eine der ersten Städte in Nordrhein-Westfalen am 6. August 1945 die Volksschulen, am 4. Oktober die höheren Schulen und kurz darauf die Berufsschulen wieder für den Unterricht öffnen konnte.

Wiederaufgebaut wurden
-  die Volksschulen
   -  Eintrachtstraße,
   -  Elsa-Brändström-Straße,
   -  Kannenhof,
   -  Kreuzweg,
   -  Wahnenkamp,
-  die Berufsschulgebäude
   -  Friedrichstraße und
   -  Scheidter Straße,
-  das Gymnasium Schwertstraße und
-  das Städtische Mädchengymnasium Geschwister-Scholl-Schule in Ohligs.

Größere Um- und Erweiterungsbauten waren notwendig an den Schulgebäuden
-  Bünkenberg,
-  Kirschbaumshöhe,
-  Mangenberg,
-  Mittelgönrather Straße,
-  Nibelungenstraße,
-  Schulstraße und
-  an dem Gebäude der Fachschule Blumenstraße.

Schulneubauten entstanden bis 1956 in der
-  Südstraße (Volksschule),
-  Guntherstraße am Central (Volksschule),
-  Kornstraße in Weyer (Realschule),
-  Augustastraße (Hilfsschule), im Bau.

Dazu kamen 4 zweiklassige Schulpavillons auf dem Gelände der Schulen
-  Böckerhof,
-  Eintrachtstraße,
-  Mittelgönrath und
-  Widdert.

Die übrigen Schulgebäude, die seit den 1930er Jahren nicht mehr renoviert worden waren und verwahrlost wirkten, wurden bis 1956 instandgesetzt.



Quellen:
  • Bauermann (1953)
  • Bauermann, Otto: Aus der Geschichte der Solinger Prozentschulen. Die Heimat 1951 S. 34
  • Ohligschläger, zit. bei Bauermann
  • Rosenthal 1. u. 2. Bd. (1973, 1972)
  • Stadt Solingen: Von Ruinen zu neuen Schulen (1956)
  • Stadtarchiv Solingen

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